Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 05.04.2001

Biedenkopf Herrschaftliche Attitüde

"Es sind die unbeantworteten Fragen, die den Spekulationen Nahrung geben."
 
DRESDEN. Sachsens Ministerpräsident zählt nicht zu den Politikern, die ihr Amt wegen des Gehaltes brauchen. Außerhalb der Politik könnte Kurt Biedenkopf mit weniger Arbeit mehr Geld verdienen. Er und seine Frau können sich am Dresdner Elbhang gewiss eine noblere Wohnung leisten als jene, die sie vom Freistaat gemietet haben. Das Ehepaar Biedenkopf braucht keine staatlichen Wohltaten, um ein angenehmes Leben führen zu können. Warum dann die Aufregung um Biedenkopfs Miete, die Größe seiner Wohnung, privater oder nicht privater Beschäftigung des vom Land bezahlten Personals? Für Verdruss und Aufregung sorgt die herrschaftliche Attitüde, mit der die Staatskanzlei erst mal die Antwort auf Fragen verweigert, die den Sachverhalt aufklären sollen. Dieses Verhalten ist kein Zufall, es entspringt dem Regierungs- und Selbstverständnis, das der Ministerpräsident im Laufe der Jahre entwickelt hat. Er hat die Staatskanzlei in eine patriarchalische Herrschaftszentrale verwandelt. Die unbestreitbaren Erfolge und Verdienste befördern nicht nur das Selbstbewusstsein, sie können auch selbstgefällig und hochfahrend machen. Die Art und Weise, wie Biedenkopf seinen Nachfolger bestimmen will, wie er die Partei behandelt, wie er mit dem unbotmäßigen Finanzminister Milbradt umgesprungen ist, wie er mit seinem Rücktrittstermin jongliert, sind einige Indizien für fast monarchische Entrücktheit. Die Reaktion oder Nichtreaktion auf Fragen nach den Verhältnissen im Gästehaus der Landesregierung fügt einen kleinen Stein in dieses Mosaik. Es ist dieses arrogante Verhalten, das eine Lappalie zur Affäre aufblasen kann. Wenn jetzt die handzahme CDU-Landtagsfraktion Opposition und Medien einer Neid-und Diffamierungskampagne gegen den Ministerpräsidenten bezichtigt, verkennt sie Ursache und Wirkung. Es sind die unbeantworteten Fragen, die den Spekulationen Nahrung geben. Und diese Spekulationen werden weiter gehen, solange die Verhältnisse im Gästehaus der Landesregierung nicht geklärt sind.
(Peter Christ)