Karl Nolle, MdL
Agenturen dpa, 28.08.2011
Sachsen empfiehlt Klagen wegen riskanter Zinswetten
Dresden (dpa) - Sachsen hat als erstes Bundesland seinen Städten und Kreisen Schadensersatzklagen wegen riskanter Zinswetten empfohlen. «Sie wurden aufgefordert zu prüfen, ob sie Ansprüche geltend machen und gegebenenfalls den Rechtsweg beschreiten können», sagte der Sprecher des Dresdner Innenministeriums, Lothar Hofner, am Sonntag der Nachrichtenagentur dpa.
Hofner bestätigte einen Bericht des «Spiegel» (Montag), wonach die Kommunen ein entsprechendes Schreiben erhalten haben. Wegen der kurzen Verjährungsfristen bei Schadenersatzansprüchen wegen fahrlässiger Falschberatung «sollte die rechtliche Prüfung sofort durchgeführt werden», heißt es in dem Brief. Zudem wird darauf verwiesen, dass sich Kommunen und Landkreise durch Untätigkeit dem Vorwurf der Untreue durch Unterlassen aussetzen könnten.
Mit dem Schreiben wurden Kommunen und Landkreis im Juli über das BGH-Urteil vom März informiert, sagte Hofner. Wie aus einer Antwort des Innenministeriums auf eine Landtagsanfrage im Juli hervorgeht, hatten Geldinstitute rund 70 derartige Verträge mit Kommunen, städtischen Unternehmen und Zweckverbänden im Freistaat geschlossen. Der Landkreis Mittelsachsen hatte Ende Juli Klage eingereicht, um sein Geschäft für nichtig erklären zu lassen.
Die Deutsche Bank war im März vom Bundesgerichtshof zu einer Schadenersatzzahlung von einer halben Million Euro an ein mittelständisches Unternehmen aus Hessen verurteilt worden. Andere Mittelständler und Kommunen hoffen seitdem auch auf Schadenersatz.
Die Zinswetten gehören zu den Derivaten. Das sind abgeleitete Produkte, die sich zum Beispiel auf Anleihen, Währungen oder auch Rohstoffe beziehen können. In der Finanzkrise war das Risiko der Produkte deutlich geworden, als zum Beispiel die US-Bank Lehman Brothers zusammenbrach und damit als Gegenpartei vieler Derivate ausfiel. In Deutschland litten darunter auch Privatanleger, die bestimmte Zertifikate gekauft hatten.
Bereits im Mai dieses Jahres hatten die Rechnungshöfe von Bund und Ländern die Kommunen eindringlich vor riskanten Zinswetten gewarnt. Mit Zinswetten wollten zahlreiche Kommunen, aber auch einige Bundesländer, ihre Schuldenlast drücken. Dabei setzten sie in Verträgen mit Banken auf steigende oder fallende Zinsen. Oftmals ging die Rechnung aber nicht auf und die Kommunen mussten draufzahlen.