Karl Nolle, MdL

Agenturen dapd, 18:32 Uhr, 03.10.2011

Zweifel an Ermittlungen gegen Linkspolitiker

Rechtsgutachten stellt Vorgehen der Dresdner Staatsanwaltschaft gegen Fraktionschefs infrage
 
Berlin (dapd-lsc). Die geplanten Ermittlungen der Dresdener Staatsanwaltschaft gegen die Fraktionschefs der Linkspartei in Sachsen, Thüringen und Hessen wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz stehen anscheinend auf tönernen Füßen. Laut einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages können weder das sächsische Versammlungsgesetz noch das Bundesversammlungsgesetz auf die Fälle der Fraktionsvorsitzenden angewendet werden, wie die in Berlin erscheinende «Tageszeitung» (Dienstagsausgabe) vorab berichtete.

In dem Gutachten, das vom Justiziar der Linke-Bundestagsfraktion Wolfgang Neskovic in Auftrag gegeben wurde, ist der Zeitung zufolge von einer «Strafbarkeitslücke» die Rede. Grund sei das verfassungswidrige sächsische Versammlungsgesetz, das vom nahezu gleichlautenden Bundesversammlungsgesetz ersetzt wird.

Den Linkspolitikern wird vorgeworfen, Blockaden gegen Neonazi-Aufmärsche im Februar 2010 und 2011 organisiert zu haben. Die Fraktionschefs bestreiten das. Um die Ermittlungen voran zu bringen, laufen gegen sie Verfahren zur Aufhebung der Immunität in den Landtagen. Stimmen die Parlamente für die Immunitäts-Aufhebung, kann die Staatsanwaltschaft Dresden wie beabsichtigt gegen die Linkspolitiker vorgehen.

In Sachsen hatte der Immunitätsausschuss in der vergangenen Woche empfohlen, Fraktionschef André Hahn die Immunität abzuerkennen. Der Justizausschuss im Thüringer Landtag befasst sich in der kommenden Woche mit der Immunität von Linke-Fraktionschef Bodo Ramelow. Die Immunität der Linksfraktionschefs Willi van Ooyen und Janine Wissler aus Hessen wird vorerst nicht aufgehoben. Der Hauptausschuss will bei der Dresdner Staatsanwaltschaft nachfragen, welcher Gründe es für den Antrag auf Aufhebung der Immunität gibt.

Der sächsische Verfassungsgerichtshof hatte das Versammlungsgesetz wegen gravierender Formfehler für verfassungswidrig erklärt. Der neue Gesetzentwurf ist von der schwarz-gelben Koalition in den Landtag eingebracht, aber noch nicht verabschiedet worden. Als Ersatz gilt derweil das Bundesversammlungsgesetz.

Von Gregor Klaudius

dapd/grk/kos /1
031832 Okt 11