Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 08.10.2011

Genossen singen für die Russen

Sächsisch betrachtet von Thilo Alexe
 
POLITIK kennt viele Herausforderungen. Vor allem auf internationalem Parkett müssen Volksvertreter häufig Höchstleistungen vollbringen. Etwa dann, wenn die informellen Phasen des Abends beginnen. SPD-Chef Martin Dulig machte diese Erfahrung unlängst, als er Ministerpräsident Stanislaw Tillich nach St. Petersburg begleitete. Nach seiner Rückkehr war Duligs Stimme während einer Pressekonferenz hörbar angekratzt. Man habe die deutsch-russische Freundschaft hochleben lassen müssen, sagte der SPD-Mann. Wir nehmen an, es wurde nur laut gesungen.

EIN ANDERER SPD-Mann meldet sich dieser Tage völlig unheiser zu Wort: der Dresdner Abgeordnete Karl Nolle. Der Freund der klaren Botschaft zieht im Zusammenhang mit Anti-Neonazi-Protesten über Teile der sächsischen Justiz her, besonders die Dresdner Staatsanwaltschaft. Sie „überzieht friedliche Demonstranten wegen ihrer gewaltfreien Blockaden mit vordemokratischem Ermittlungseifer“. 20 Jahre nach der Wende stehe der demokratische Rechtsstaat in Sachsen „immer noch auf dünnen Beinen“. Wie man auch immer dazu steht, in einem hat Nolle möglicherweise Recht: „Egal, was bei Gericht herauskommt: Das Verfahren ist die Strafe.“