Karl Nolle, MdL

Agenturen dapd, 17:51 Uhr, 09.10.2011

«Raus aus dem Tal der Tränen» - SPD will ab 2014 wieder mitregieren

Sozialdemokraten schließen bei Parteitag Koalition mit Linken nicht aus
 
Bautzen (dapd-lsc). Mit den Themen Kinderfreundlichkeit sowie Arbeit und Beschäftigung will die sächsische SPD aus ihrem Tief herauskommen. «Wir wollen raus aus dem Tal der Tränen», sagte Parteichef Martin Dulig am Wochenende auf einem Programmparteitag in Bautzen. Zugleich schloss er die Linkspartei als möglichen Koalitionspartner nach der Landtagswahl 2014 nicht aus. CDU und FDP gingen danach auf Abstand zu Dulig.

Die SPD hatte bei der Landtagswahl von 2009 mit 10,4 Prozent das zweitschlechteste Ergebnis in ihrer Geschichte eingefahren. Sie flog aus der schwarz-roten Regierungskoalition und drückt seitdem die Oppositionsbank. «Opposition ist Mist», zitierte Dulig einen Ausspruch des ehemaligen Bundesparteichefs Franz Müntefering. Die SPD wolle «Politik für Mehrheiten machen» und wieder Regierungsverantwortung übernehmen, betonte der 37-jährige Sachse.

Den Grundstein dafür hoffen die Sozialdemokraten am Samstag auf ihrem Sonderparteitag mit dem Titel «Starke Kinder in einer solidarischen Gesellschaft» gelegt zu haben. Die 140 Delegierten beschlossen mit großer Mehrheit einen Leitantrag, in dem die Einführung einer pauschale Kindergrundsicherung von 365 Euro gefordert wird. Im Gegenzug sollen alle bisherigen Förderinstrumente wie Kindergeld, Kinderfreibetrag oder das anteilige Bafög abgeschafft werden.

Konzentration aufs Kernthema Arbeit

Es sei nicht hinnehmbar, dass jedes vierte Kind in Sachsen von Hartz IV lebe, sagte Dulig. Außerdem wollen die Sozialdemokraten das Bildungssystem stärken. Die Ausstattung von Kindertagesstätten und Schulen sowie die Lehrmittelfreiheit für Schüler sollen verbessert werden. Jenseits davon müsse sich die SPD wieder auf ihr traditionelles «Kernthema», Arbeit und Beschäftigung, konzentrieren. Dazu sei eine Verbesserung des «politischen Marketings» und «mehr Politik nach außen machen» notwendig. Politik «nach innen» sei der falsche Weg.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles gab als Gastrednerin eine «bessere Kinderbetreuung und Unterstützung der Eltern» als Losung aus. Ab 2013 werde die SPD im Bund wieder regieren, zeigte sie sich überzeugt. Die sächsische SPD forderte außerdem die Einführung der Gemeinschaftsschule in Sachsen, wie es auch die Linkspartei will. Der neue Schultyp soll als gleichwertige Alternative zum Gymnasium aufgebaut werden und den Schülern alle allgemeinbildenden Schulabschlüsse bis hin zum Abitur ermöglichen. Die bestehende Mittelschule soll ersetzt werden.

Dulig hält Koalition mit Linkspartei für möglich

Zu Koalitionsoptionen äußerte sich Dulig zurückhaltend, schloss aber ein Zusammengehen mit der Linkspartei erneut nicht aus. Diese Option gehöre zum demokratischen Selbstverständnis der SPD, sagte Dulig den Delegierten und Gästen, unter denen auch erstmals Linke-Parteichef Rico Gebhardt und Linke-Fraktionschef André Hahn waren. Zugleich betonte Dulig, «kein Freund der Linkspartei» zu sein.

Aber auch die CDU mache es nicht einfach, über eine gemeinsame Koalitionen nachzudenken, sagte Dulig mit Blick auf die Handydaten-Affäre, die Arbeitsmarkt- sowie Kinder- und Jugendpolitik. Die schwarz-gelbe Landesregierung sei eine «sozialpolitische Insolvenzverwalterin» und die «schwächste seit 20 Jahren».

Die CDU hatte bei den Wahlen vor zwei Jahren 40,2 Prozent erreicht, die Linke 20,6, die FDP 10 und die Grünen 6,4 Prozent. Eine Koalition mit der Linkspartei wäre bei einer ähnlichen Kräftekonstellation nach den Wahlen 2014 daher nur unter Beteiligung der Grünen möglich, die aber deutlich Distanz zur Linken halten.
Die SPD hat nach eigenen Angaben derzeit in Sachsen knapp 4.500 Mitglieder und ist damit vor Mecklenburg-Vorpommern der schwächste Landesverband der Sozialdemokraten in Deutschland. 2009 lag die Mitgliederzahl bei etwa 4.200.

CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer sagte, «seit Jahren kann die SPD den Wähler nicht mehr überzeugen, jetzt biedert sie sich der Linkspartei an». Der Bildungsexperte der FDP-Fraktion, Norbert Bläsner, erklärte, die SPD kopiere in der Schul- und Familienpolitik überholte Konzepte aus dem Westen. Das sächsische Schulmodell habe sich bewährt.

Von Gregor Klaudius

dapd/grk/vf/ /1
091751 Okt 11