Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 21.10.2011

Internet- Überwachung - Bund will Software künftig selbst entwickeln

Bundeskriminalamt will einen staatseigenen Trojaner programmieren lassen.
 
Berlin. Nach der massiven Kritik am Einsatz der Spähsoftware eines privaten Herstellers will der Bund jetzt das Bundeskriminalamt einen staatseigenen Trojaner programmieren lassen. Bei einer Telefonschaltkonferenz verständigte sich Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) gestern mit seinen Kollegen aus den Ländern darauf, ein Kompetenzzentrum beim BKA einzurichten.
 
"Alle Minister waren der Auffassung, dass die Quellen-Telekommunikationsüberwachung unverzichtbar ist", erklärte der Franke nach dem einstündigen Austausch. Innerhalb der nächsten vier Wochen soll BKA-Chef Jörg Ziercke ein Konzept vorlegen. Aus den Ländern kamen positive Signale. Niedersachsen und Schleswig-Holstein sagten zu, sich am Aufbau eines zentralen Kompetenzzentrums zu beteiligen.

"Die Einrichtung eines bundeseigenen Kompetenzzentrums zur Entwicklung von Software für die ­Internetüberwachung ist ein wichtiger und richtiger Schritt", sagte Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister ­Lorenz Caffier (CDU). "Dies schafft zukünftig mehr Rechtssicherheit für alle Ermittlungsbehörden im Bund und in den Ländern."
Kommerzielle Software soll in der Zwischenzeit nur noch nach einer Zertifizierung durch einen "Trojaner-Tüv" eingesetzt werden. Ein Gremium unabhängiger Experten soll die Spähsoftware überprüfen. Friedrich erklärte, dass die Bundesländer an der Aufklärung des bisherigen Trojaner-Einsatzes arbeiteten. Ein unabhängiges Expertengremium soll ebenfalls die Erkenntnisse des Chaos Computer Clubs (CCC) überprüfen, der den bayrischen Behörden vorgeworfen hatte, nicht nur die rechtlich zulässigen Fähigkeiten des Trojaners genutzt zu haben.

Der grüne Innenexperte Konstantin von Notz kritisierte, Friedrich habe im Innenausschuss nur "dünne Suppe" geliefert. Das BKA habe nicht überprüfen können, was der Trojaner der Firma Digi Task leistet, da den Beamten nach Aussage von BKA-Chef Ziercke der Quellcode nicht zugänglich war. "Man kann nicht extrem grundrechtsrelevante Instrumente an Dritte auslagern, ohne zu wissen, was man tatsächlich tut."

Gegenwind bekam Friedrich auch aus der Koalition. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP): "Eine koordinierte Aufklärung von Bund und Ländern fehlt, Trippelschritte reichen nicht aus."
von Frank Lindscheid