Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 21.10.2011

Feuer frei! Nolle wieder dicke da: Neuer Ost-West-Zoff im Landtag

 
Darf Karl Nolle (66, SPD) nichts über den Zustand der Demokratie im Freistaat sagen? Nur weil er kein gebürtiger Sachse ist?

Wenn es nach Benjamin Karabinski (30, FDP) geht, darf er es nicht: Der schlägt auch nach 21 Jahren mit der Ost-West-Keule zu, versucht Nolle den Mund zu verbieten. Anlass des Streits der Landtagsabgeordneten ist ein Interview Nolles in der einstigen FDJ-Zeitung „Junge Welt“. Darin kritisiert er die Aufhebung der Immunität von Linken-Fraktionschef Hahn und den Umgang der Justiz mit dem 13. Februar. Nolle sagt in diesem Zusammenhang, dass Sachsen das „rechtskonservativste und unfreieste Bundesland der Republik“ sei - so wie es in jüngster Zeit schon in diversen Puplikationen (Spiegel, Süddeutsche, Morgenpost) zu lesen war.

In der rechten Wochenzeitung „Junge Freiheit“ polterte Karabinski:„Was Herr Nolle gesagt hat, ist eine Unverschämtheit und diffamiert alle Bürger Sachsens!“ Er müsse sich entschuldigen. Dann schwingt er die Ost-West-Keule: „Herr Nolle hat die DDR nicht erlebt. Wenn er unser Land in die Nähe einer Diktatur setzt, ist das mehr als unredlich.“ Doch jetzt feuert Nolle zurück: „Ich lebe seit 22 Jahren in Sachsen, bin noch am 9. November 1989 nach Dresden gekommen, habe für Arbeitsplätze gesorgt. Da ist dieser Milchbubi mit acht Jahren noch mit der Pioniertrommel unterm Weihnachtsbaum marschiert!“ Er müsse sich Ost-West-Vorwürfe nicht anhören, sei länger als Erwachsener in Sachsen tätig als Karabinski.
 
Außerdem: „Es gibt drei Amtsgerichts- und eine Landgerichtsentscheidung zum 13. Februar, die Durchsuchungen und Verfolgungen verurteilen. Mehrere Gesetze der Landesregierung wurden vom Verfassungsgericht kassiert.“ Etwa das Versammlungsgesetz. „Selbst der juristische Dienst des Landtags stuft die Demokratieerklärung als verfassungswidrig ein. Ich liege mit meiner These des konservativsten und unfreiesten Bundeslandes genau richtig!“
Von Jens Jungmann