Karl Nolle, MdL

Agenturen dpa, 18:51 Uhr, 05.11.2011

Sachsens Linke lotet Koalition mit SPD und Grünen aus

Partei will mit «radikaler Realpolitik» punkten - Landeschef Gebhardt bei Parteitag wiedergewählt
 
Bautzen (dapd-lsc). Die sächsische Linke hat die Weichen für eine mögliche rot-rot-grüne Koalition ab 2014 gestellt und ihren Landeschef Rico Gebhardt mit deutlicher Mehrheit im Amt bestätigt. Gebhardt erhielt am Samstag bei einem Parteitag in Bautzen 128 von 162 abgegebenen Stimmen. Das entspricht einer Zustimmung von 79 Prozent. 29 Delegierte stimmten gegen ihn, fünf enthielten sich.

Auf einem Parteitag 2009 in Burgstädt war Gebhardt mit 77,2 Prozent der Stimmen erstmals zum Parteichef gewählt worden. Der 48-Jährige aus dem Erzgebirge kündigte eine «radikale Realpolitik» an. Nachdem der jahrelange innerparteiliche Streit beigelegt sei, müssten politische Inhalte an erster Stelle stehen. Entscheidend für eine Koalition sei ein «Dialog auf Augenhöhe» mit SPD und Grünen, sagte Gebhardt mit Blick auf das Wahljahr 2014. Das größte eigene Manko sei allerdings die unzureichende Verankerung der Partei in der Gesellschaft.

Als Lösung für mehr gesellschaftliche Akzeptanz und einen Wahlerfolg forderte Gebhardt seine Partei auf, zu «beweisen, dass es für uns keinen Widerspruch gibt zwischen dem Eintreten für soziale Gerechtigkeit und der tief empfundenen Heimatliebe der Sachsen».

Gebhardt: Linke nicht stark genug für innerparteilichen Streit

Die langjährigen innerparteilichen Querelen erklärte Gebhardt unter viel Beifall für endgültig beendet. «Wir Linken sind bei weitem nicht stark genug dafür, dass wir unsere Kraft auf solche innerparteilichen Auseinandersetzungen verschwenden.» Bei einigen Themen fehle «glaubwürdiges Personal». Auch werde der Partei eine «nicht ausreichende Lösungskompetenz» bei manchen Themen zugeschrieben.

Nachdem die Linke beim vergangenen Parteitag ihre energiepolitischen Ziele gesteckt hatte, wurden in Bautzen sozialpolitische Leitlinien diskutiert. Notwendig sei die Einführung einer Kindergrundsicherung und einer Mindestrente, forderte die stellvertretende Fraktionschefin der Linken, Annekatrin Klepsch. Nur so könne die wachsende Kinder- und Altersarmut in Sachsen gestoppt werden. Für eine Kindergrundsicherung plädiert auch die sächsische SPD, deren Landtagsabgeordnete Stefan Brangs und Karl Nolle beim Parteitag zu Gast waren. Die Grünen folgten der Einladung der Linkspartei nicht.

DGB: Linke hat keine Visionen

Die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Sachsen, Iris Kloppich, kritisierte das Fehlen von Lösungsansätzen. «Eine Vision für Beschäftigung und Arbeitsplätze fehlt der Linkspartei völlig», sagte Kloppich als Gastrednerin. Der Linke-Abgeordnete Dieter Pellmann monierte: «Wir werden mit unseren Konzepten scheitern, wenn es nicht gelingt, potenzielle Partner zu finden und auch deren Konzepte zu akzeptieren.» Gebhardt betonte hingegen, dass Linke, SPD und Grüne trotz programmatischer und kultureller Unterschiede gemeinsam handlungsfähig seien.

Die Linke hat in Sachsen rund 11.600 Mitglieder. Der jährliche Mitgliederverlust liegt bei etwa 300. Bei den Wahlen vor zwei Jahren hatte die CDU 40,2 Prozent erreicht, die Linke 20,6, die SPD 10,4, die FDP 10 und die Grünen 6,4 Prozent erreicht.

Einer aktuellen Wahlumfrage zufolge hat die schwarz-gelbe Landesregierung derzeit keine Mehrheit. Die CDU käme auf 44 Prozent, die FDP liegt bei zwei Prozent. Gebhardt betonte, wenn die Linke im Wahljahr 2014 etwas verändern wolle, müsse sie sich weiter selbst verändern. Das Wahlprogramm soll bis Ende nächsten Jahres stehen. Bis dahin will sich die Linke schrittweise inhaltlich neu aufstellen.

von Gregor Klaudius

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051851 Nov 11