Karl Nolle, MdL

Agenturen dpa, 15:21 Uhr, 16.11.2011

Junkermann: Kirche muss gegen Rassismus Front machen

Die Verbrechen des Thüringer Neonazi-Trios haben auch die Synodalen der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland aufgeschreckt. Bischöfin Junkermann appelliert an die Christen, die Würde des Menschen und die Grundrechte zu verteidigen.
 
Die Verbrechen des Thüringer Neonazi-Trios haben auch die Synodalen der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland aufgeschreckt. Bischöfin Junkermann appelliert an die Christen, die Würde des Menschen und die Grundrechte zu verteidigen.

Erfurt (dpa) - Landesbischöfin Ilse Junkermann hat die Protestanten aufgerufen, jedem Anzeichen von Menschenverachtung immer wieder entschieden entgegenzutreten. «Dazu gehört auch, dass wir unseren Beitrag als Kirche in der Zivilgesellschaft und für Grundrechte und Demokratie aktiv einbringen», sagte die Bischöfin am Mittwoch laut Redemanuskript auf der Synode der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) in Erfurt. Hintergrund seien Erhebungen, dass stark religiöse Menschen besonders anfällig für abwertende Haltungen gegenüber Minderheiten seien und vor allem «Protestanten in den östlichen Ländern besonders oft zu rassistischen Äußerungen» neigen würden.

«Die erschreckenden Erkenntnisse der letzten Tage über rechtsextreme Gewalttaten und dafür verantwortliche Gruppen ganz in unserer Nähe lassen uns erneut fragen: Was wurde und wird alles an menschenverachtenden Gewalttaten nicht erkannt und verharmlost, in Staat, Gesellschaft, der Öffentlichkeit, bei den zuständigen Behörden?» Und: Wie ernst nehme die Kirche unter anderem den jährlichen Thüringen-Monitor, nach dem der Anteil an Protestanten und Katholiken bei zustimmenden Äußerungen zu rechtsextremen und fremdenfeindlichen Haltungen erheblich ist?

«Bei allem Widerstand gegen rechtsextreme Veranstaltungen dürfen wir die Augen nicht davor verschließen, dass das Salz der klaren Rede nötig ist», mahnte Junkermann. «Das Salz der klaren Rede von der Würde jedes Menschen unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Leistungsfähigkeit (...) in seiner Schöpflichkeit ist nötig auch mitten in unseren Gemeinden und unserer Kirche.»

Junkermann sprach den Opfern und Hinterbliebenen rechtsextremer Gewalt ihre Anteilnahme aus. Nach ihren Angaben werden in Deutschland jeden Tag drei rechtsextreme Gewalttaten begangen. «Das Leiden und der gewaltsame Tod der Opfer ist uns Verpflichtung, hinzusehen und noch entschiedener unseren Mund aufzutun.» Es seien kräftige und klare Worte nötig, «diese Gesellschaft vor der Fäulnis ihrer Grundwerte zu bewahren und von Schädlichem zu befreien».

Die Synodalen beraten bis Samstag in Erfurt über Kirchenhaushalt und Familie in einer sich ändernden Gesellschaft. Das 32-seitige Papier zu Familie und Kirche soll eine Diskussion auf allen Ebene der Kirche in Gang setzen. Die EKM will damit sowohl auf die demografische Entwicklung reagieren als auch auf Veränderungen durch sich ändernde Familienstrukturen - von größeren räumlichen Entfernungen bis zu weniger dauerhaften Bindungen. Das Papier fordert dabei, «die Realität in den Blick zu nehmen» und sich nicht auf ein Idealbild von Familie zu beschränken.

Die Landesbischöfin brach in ihrer Rede auch eine Lanze für die Hungernden in aller Welt. Die Menschen in Deutschland profitierten mit ihrem Lebenswandel in hohem Maße von Unrecht und Ausbeutung. Die Finanzkrise vergrößere den Abstand zwischen Arm und Reich weiter. «Nachdem der Handel mit Immobilien geplatzt ist, hat sich die internationale Investmentszene auf den Handel mit Nahrungsmitteln gestürzt.» Allein dadurch habe die Zahl der Hungernden weltweit um 100 Millionen Menschen zugenommen. «Auch beim Wirtschaften muss es darum gehen, das Leben aller zu bewahren und nicht darum, die Geldwerte weniger zu vermehren», lautet ihre Botschaft.

Antje Lauschner

dpa ala yyth z2 aro
161521 Nov 11