Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 03.12.2011

Sachsen : Opposition will Hintergründe offenlegen

"Denn die Frage, wie Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe elf Jahre lang ungestört morden und Banken überfallen konnten, ist noch nicht in Ansätzen beantwortet"..
 
Dresden. Thüringen rockte gestern in Jena gegen Rechts. Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) und ihr Kabinett waren dabei. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) hat in dieser Woche in Brüssel Werbung für den Freistaat gemacht. Gestern rang er dem ADAC ein weiteres Jahr Motorrad-Grand Prix auf dem Sachsenring ab. Von Rechtsterrorismus mag da niemand sprechen. Dass Sachsens Regierungschef zum Thema Rechtsterrorismus erst drei Wochen lang schwieg, um sich dann an die Spitze der NPD-Verbotsbewegung zu stellen, nehmen ihm viele übel. Schon vergangene Woche im Plenum musste sich Tillich von der Opposition vorwerfen lassen, das Thema auf unsensible Weise auszusitzen. Am Sonnabend beim CDU-Landesparteitag machte er sich für ein neuerliches NPD-Verbotsverfahren stark. Die Strategie dahinter lautet offensichtlich: An Sachsen darf nichts kleben bleiben.

Während die Staatskanzlei ablenkt, streitet der Landtag über die zweite Deutungsebene der rechtsextremistischen Mordserie. Da seit dem 11. November alle Ermittlungen beim Generalbundesanwalt gebündelt sind, tropfen neue Erkenntnisse nur langsam. Stattdessen wird die Forderung der "lückenlosen Aufklärung" hochgehalten. Denn die Frage, wie Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe elf Jahre lang ungestört morden und Banken überfallen konnten, ist noch nicht in Ansätzen beantwortet.

Am kommenden Mittwoch tritt am Dresdner Landtag die Parlamentarische Kontrollkommission zur zweiten Sondersitzung zusammen. Die Linke hatte weiteren Gesprächsbedarf zur "aktuellen Entwicklung im Zusammenhang mit den Gewaltverbrechen der zuletzt in Zwickau wohnenden Nazi-Terrorgruppe und dabei insbesondere das Agieren oder auch Nichtagieren des Sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz" angemeldet. Die Grünen-Fraktion hat für die nächste Sitzung des Innenausschusses am 8. Dezember den Antrag "Erkenntnisse und Versäumnisse von Polizei, Verfassungsschutz und Staatsanwaltschaft bezüglich der 'Zwickauer Terrorzelle' aufklären" vorbereitet.
Nachdem Sachsens Verfassungsschutz-Präsident Reinhard Boos in dieser Woche ein Interview gegeben hatte, regte sich Linken-Fraktionschef André Hahn auf. Boos habe damit seine Geheimhaltungspflicht verletzt. Daraufhin warf Steffen Flath, Fraktionsvorsitzender der CDU, Hahn vor, an einer ehrlichen Aufarbeitung der Vorfälle nicht interessiert zu sein.

Das sächsische Landesamt für Verfassungsschutz selbst betont währenddessen, "keinerlei Akten aus dem gesamten derzeit öffentlich diskutierten Komplex" vernichtet zu haben.

Christine Keilholz