Karl Nolle, MdL
Agenturen, dapd, 11:30 Uhr, 04.12.2011
Prof. Werner Patzelt sieht Ursache für rechte Gewalt in DDR-Erziehung
Dresden (dapd-lsc). Ein möglicher Ausgangspunkt für Hass und Gewalt bei den aus Jena stammenden Rechtsterroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt ist nach Ansicht des Dresdner Politologen Werner Patzelt auch die DDR-Sozialisation gewesen. «In beiden Fällen hat auch die DDR-Sozialisation zur rechtsextremen Gewalttätigkeit geführt», sagte Patzelt der Nachrichtenagentur dapd.
Nicht nur im Westen, sondern auch in der DDR hätten Jugendliche «Lust an der Provokation» gehabt. Mit Blick auf Mundlos sagte Patzelt, in einer «sich antifaschistisch gebenden Gesellschaft» haben man kommunistische Eltern am meisten mit dem «Bekenntnis zum Faschismus» ärgern können.
Patzelt sagte, dieser vor allem durch die Studentenrevolution im Westen bekannte Generationenkonflikt sei auch in der DDR ein Grundphänomen gewesen. «Hatte man ein linkes Elternhaus, wurden die Jugendlichen rechts. Hatte man ein rechtes Elternhaus, wurden die Jugendlichen links.» Studien aus den 1990er Jahren belegten, dass gerade rechte Schläger damals gehäuft aus Stasi-Offiziersfamilien stammten. Der an der TU Dresden lehrende Politikwissenschaftler fügte hinzu, die Mehrheit der 17 Millionen ehemaligen DDR-Bürger beweise, dass die DDR-Sozialisation nicht zwangsläufig zu rechtsradikaler Gewalt geführt habe.
Die DDR-Erziehung habe jedoch keine Meinungsvielfalt akzeptiert und daher Jugendliche nicht vor dem Reiz des Extremismus geschützt, sagte Patzelt weiter. Er kritisierte, dass bisher die Gemeinsamkeiten zwischen DDR-Sozialismus und Nationalsozialismus wie beispielsweise Militarisierung und «Verachtung von Bürgerlichkeit und Intellektualität» zu wenig beachtet worden seien. Zwar stelle deswegen neben dem Rechtsextremismus auch der Linksextremismus eine Bedrohung der Demokratie dar.
Aber die Systemkritik des linken Lagers biete im Gegensatz zur systematischen Demokratieverachtung des rechten Lager noch einen «intellektuellen und ethischen Mehrwert». Mit Blick auf die Mordserie durch die Zwickauer Zelle sagte Patzelt, im Moment stehe «der Hauptfeind klar auf der rechten Seite».
dapd/mdo/lr/tz /1
031130 Dez 11