Karl Nolle, MdL
Der Spiegel 01/2012 Seite 12, 01.01.2012
Bundespräsident in Erklärungsnot: Privatkredit nach Porsche-Rettung
Bundespräsident Christian Wulff gerät mit seinem privaten 520 000-Euro-Kredit der Baden-Württembergischen Bank (BW-Bank) immer stärker in Erklärungsnot. Das Unternehmen, das dem Politiker als „gehobenem Privatkunden" Anfang 2010 ungewöhnliche Sonderkonditionen einräumte, hatte offenbar allen Grund, Wulff dankbar zu sein. Die BW-Bank, eine Tochter der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), ist die Hausbank des Stuttgarter Sportwagenbauers Porsche.
Die LBBW selbst hatte Porsche mit einem Milliardenkredit den Einstieg bei VW mitfinanziert. Doch im März 2009 geriet die Nobelmarke in Geldnot, dem Unternehmen drohte sogar die Insolvenz. Bei der Rettung des Autoherstellers spielte Wulff — damals als niedersächsischer Ministerpräsident im Präsidium des VW-Aufsichtsrats — eine wichtige Rolle: Zusammen mit VW-Patriarch Ferdinand Piech und VW-Chef Martin Winterkorn entwickelte er eine „Grundlagenvereinbarung", die am 13. August 2009 von den Aufsichtsräten beider Unternehmen unterzeichnet wurde.
VW stieg bei Porsche ein, und die Geldgeber der Sportwagenschmiede, darunter die LBBW und deren Tochter BW-Bank, konnten aufatmen. Nur vier Monate später nahm der CDU-Politiker nach eigenen Angaben wegen seines Hauskredits Kontakt zur BW-Bank auf. Auf die Frage des SPIEGEL, ob der Kredit eine Art „Dankeschön" für die Porsche-Rettung gewesen sei, antwortet Wulff, es bestehe „keine irgendwie geartete Interessenkollision". Vorgänge aus dem Aufsichtsrat könne er aber nicht kommentieren, weil sie „fortgeltender Verschwiegenheitsverpflichtungen" unterlägen.
Auffällig erscheint auch der Besuch des Leiters des Privatkundengeschäfts der BW-Bank, Axel Döhner, am 14. Oktober 2009 bei einem luxuriösen Abendessen in der Norddeutschen Landesbank in Hannover. Event-Veranstalter Manfred Schmidt hatte Ministerpräsident Wulff, dessen Frau Bettina und drei Dutzend Unternehmensvertreter zu dem von der Nord/LB bezahlten Treffen eingeladen; es galt, Sponsoren für eine im Dezember geplante Party mit dem Titel „Nord-Süd-Dialog" zu finden. Ein finanzielles Engagement der BW-Bank war damals allerdings von vornherein ausgeschlossen, weil das Geldinstitut zuvor seine Sponsoring-Ausgaben drastisch zurückgefahren hatte. Die BW-Bank will sich zu der Reise ihres Mitarbeiters nicht äußern.
Fragen wirft auch die Finanzierung des „Nord-Süd-Dialogs" selbst auf. Laut Wulff habe es sich dabei um eine Privatveranstaltung seines Duzfreundes Schmidt gehandelt, der auch die Sponsoren akquiriert habe. Ein Schriftverkehr legt allerdings den Verdacht nahe, dass zumindest Wulffs inzwischen geschasster Sprecher Olaf Glaeseker maßgeblich an der Geldbeschaffung beteiligt war. So teilte ein Unternehmen am 14. Oktober 2009 Glaeseker per Mail mit, dass man leider aufgrund der Geschäftssituation „von einem Engagement" absehen müsse. Schmidt erhielt das Schreiben nur in Kopie.