Karl Nolle, MdL

spiegel-online, 08:57 Uhr, 10.01.2012

Ankündigung im TV-Interview: Wulff bricht sein Versprechen

 
Bundespräsident Christian Wulff kündigte im TV-Interview Transparenz an. Er werde die 400 Fragen und Antworten zu seiner Kredit- und Medienaffäre veröffentlichen, sagte er. Doch jetzt verweigert sein Anwalt laut einem Zeitungsbericht die zugesagte Herausgabe.

Berlin - Die detaillierten Fragen und Antworten zu den Affären des Bundespräsidenten Christian Wulff bleiben unter Verschluss. Das teilte dessen Anwalt Gernot Lehr dem "Tagesspiegel" mit. "Der im Mandantenauftrag geführte Schriftverkehr zwischen Anwälten und Dritten fällt unter die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht", sagte Lehr der Zeitung.

Deshalb und "aus Gründen der praktischen Handhabbarkeit für alle Beteiligten" sei eine zusammenfassende Stellungnahme erfolgt. Diese ist sechs Seiten lang und steht seit Donnerstag vergangener Woche im Internet.

Damit weicht Wulff von seiner ursprünglichen Ankündigung ab. Am Mittwoch hatte das Staatsoberhaupt in einem Interview mit ARD und ZDF noch angekündigt: "Ich geb Ihnen gern auf die 400 Fragen 400 Antworten." Man müsse die Transparenz weitertreiben, "die setzt auch neue Maßstäbe". "Morgen früh werden meine Anwälte alles ins Internet einstellen. Dann kann jede Bürgerin, jeder Bürger jedes Details zu den Abläufen sehen - und bewertet sie auch rechtlich."

Tatsächlich blieb es bisher bei der Zusammenfassung. Und nach Lehrs Ankündigung Lehrs ist mit einer vollständigen Veröffentlichung wohl nicht mehr zu rechnen. In dem Dokument geht es um den Privatkredit für Wulffs Eigenheim, seine Urlaube in den Anwesen befreundeter Unternehmer und die vom Unternehmer Carsten Maschmeyer bezahlte Zeitungsanzeige für ein Buch von Wulff. Die umstrittenen Drohanrufe beim Springer-Verlag wegen kritischer Berichte werden darin nicht erwähnt. Lehr beantwortet in Wulffs Auftrag die an ihn gerichteten Medienanfragen.

Der Bundespräsident empfängt am Dienstag wie zu Beginn eines jeden Jahres das diplomatische Korps im Schloss Bellevue. Zu dem Neujahrsempfang werden rund 200 Botschafter und Vertreter internationaler Organisationen erwartet. Nach dem Defilee wird Wulff eine Ansprache halten. Einen Rücktritt lehnt er ab.

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heb/dapd/dpa