Karl Nolle, MdL
DNN/LVZ, 02.02.2012
Aktenaffäre: Ehemaliger Geheimdienstchef vor U-Ausschuss
Dresden. Fünf Stunden Befragung gestern vor dem Untersuchungsausschuss des sächsischen Landtags haben nicht gereicht, Rainer Stock wird noch einmal kommen müssen. Der 62-jährige ehemalige Präsident des sächsischen Verfassungsschutzes gilt als Schlüsselfigur in der sogenannten Aktenaffäre, waren doch in seiner Amtszeit die brisanten Dokumente an die Öffentlichkeit geraten, die 2007 den "Sachsensumpf" ins Rollen brachten. Tragisch für Stock: Die ganze Republik erfuhr, dass er im Juni 2007 seinen Hut nehmen musste und dass mehrere Verfahren wegen Strafvereitlung gegen ihn eingeleitet wurden. Dass sie später eingestellt wurden, interessierte nicht mehr.
So saß den Ausschussmitgliedern ein sehr vorsichtiger Mann gegenüber, der erklärte, er habe "bis zum Schluss keinen Grund" gesehen, in Sachen kriminelle Netzwerke tätig zu werden. Es habe "diffuse Hinweise" auf ein Geflecht korrupter Kreise gegeben, jedoch keinen konkreten Anfangsverdacht. Sein Haus hätte wohl "Jahre gebraucht, um festzustellen, ob was dran ist oder ob es sich um bloße Behauptungen handelt". Überdies sei die Organisierte Kriminalität nicht generell Sache des Verfassungsschutzes, sofern sie nicht Bestrebungen verfassungsfeindlicher Art umfasse.
Der Komplex, mit dem sich der U-Ausschuss nun schon zum 19. Mal befasste, umfasst aber viel mehr - Immobilienschacher, Bestechung und Zwangsprostitution. Wobei noch immer nicht geklärt ist, ob die einzelnen Fallbereiche, die im Gesamtpaket 2007 als Sachsensumpf Medienkarriere machten, tatsächlich einen Komplex ergeben. Stock sprach von "Fragmenten mit schwachem Zusammenhang", die seinem Amt vorlagen.
Konkret ging es darum, wie weit Stock dem Referat Organisierte Kriminalität in seinem Haus freien Lauf ließ oder ob er seiner Aufgabe schlichtweg nicht gewachsen war. Denn bei der Frage, was der Sachsensumpf ist und ob es ihn wirklich gegeben hat, spielt das für viele eine entscheidende Rolle. Laut schwarz-gelber Lesart handelt es sich bei alledem um eine Medienente, die durch eigenmächtig gestreute Infos aus dem Referat OK angefeuert wurde. Für die Oppositionsfraktionen hingegen gibt es immer noch viel zu ermitteln in einer Affäre, die von der Staatsregierung willkürlich abmoderiert wurde.
Christine Keilholz