Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 21.02.2012

Polizeichef hat Ärger mit dem Dienstwagen.

Sachsens oberster Polizist Bernd Merbitz soll Privatfahrten unkorrekt abgerechnet haben. Das Innenministerium besteht auf Nachzahlungen. Der Fall liegt bereits vor Gericht.
 
In Sachsen gibt es erneut den Vorwurf, dass ein Staatsbediensteter private Fahrten mit seinem Dienstwagen unkorrekt abgerechnet hat. Brisant: Diesmal betrifft es mit Bernd Merbitz ausgerechnet den Landespolizeipräsidenten.

Nach SZ-Informationen geht der Fall auf Unstimmigkeiten zurück, die während einer routinemäßigen Kontrolle der Fahrtenbücher von Bernd Merbitz aufgetreten sind. Dabei soll festgestellt worden sein, dass Fahrten, die aus Sicht der Prüfer eindeutig einen privaten Anlass hatten, nicht ordnungsgemäß als solche eingetragen waren. Das Innenministerium forderte den Polizeipräsidenten daraufhin per Kostenbescheid zu einer Nachzahlung auf. Dem Vernehmen nach soll es sich um ungefähr 6.000 Euro handeln. Eine Summe, die auf umstrittene Fahrten über eine Gesamtstrecke von fast 20.000 Kilometern schließen lässt. Weil der Polizeipräsident eine Nachzahlung jedoch ablehnt, liegt der Fall jetzt zur Entscheidung vor dem Verwaltungsgericht Dresden (Az. 11K1869/11).

Gegenüber der SZ bestätigt Bernd Merbitz den Rechtsstreit, weist den Vorwurf der unkorrekten Abrechnung jedoch strikt zurück. „Ich bin nach wie vor überzeugt, dass es sich dabei um keine Privatfahrten, sondern um Fahrten aus dienstlichen Anlässen gehandelt hat.“ Er habe dazu bereits eine umfangreiche Stellungnahme abgegeben. Seinen Angaben zufolge sind die strittigen Fahrten über einen längeren Zeitraum angefallen. Merbitz, der sich inzwischen durch einen Anwalt vertreten lässt, betont zudem, dass die Prüfung des Falls durch das Verwaltungsgericht auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin erfolgt.

Das Innenministerium bestätigt den heiklen Rechtsstreit ebenfalls. Geklärt werden müsse, „ob und in welchem Umfang Fahrten von Herrn Landespolizeipräsident mit Dienstkraftfahrzeugen als Privat- oder Dienstfahrten einzustufen sind“. Zu Details will sich das Ministerium nicht äußern und verweist darauf, dass es sich um ein laufendes Verfahren handelt.

Nichtsdestotrotz sorgt der Fall schon jetzt für Aufsehen. Der SPD-Abgeordnete Karl Nolle will heute eine parlamentarische Anfrage zu dem Vorwurf gegen Merbitz einreichen.

„Wenn sich der bewahrheitet, ist offensichtlich, dass der gemeine Wulff-Virus – also die präsidiale Selbstbedienungs- und Privatschnäppchenmentalität – von Hannover über Berlin nach Sachsen gezogen ist und diesmal einen Landespolizeipräsidenten infiziert hat.“

Nolle verweist auf die Vorbildfunktion von Merbitz für jeden Polizisten im Land und äußert sich bereits zu möglichen Konsequenzen.

„Einen Landespolizeipräsidenten mit Disziplinarverfahren oder gar strafrechtlichen Verstrickungen und Ermittlungen wegen möglicher Vorteilsnahme und Untreue kann ich mir kaum vorstellen.“

Von Gunnar Saft