Karl Nolle, MdL

Agenturen, dapd, 18:37 Uhr, 21.02.2012

Sächsischer Polizeipräsident in der Kritik - Bernd Merbitz soll Privatfahrten mit dem Dienstauto unkorrekt abgerechnet haben

 
Dresden (dapd-lsc). Gegen Sachsens Landespolizeipräsidenten Bernd Merbitz besteht der Verdacht auf nicht korrekt abgerechnete Privatfahrten mit dem Dienstwagen. Das Innenministerium hat ein Disziplinarverfahren gegen den 56-Jährigen eingeleitet und fordert Fahrtkosten zurück, die einem Zeitungsbericht zufolge bei 6.000 Euro liegen sollen. Das Verfahren solle klären, ob Merbitz mit den bis Oktober 2009 beanstandeten Fahrten gegen Dienstvorschriften verstoßen habe, sagte Innenminister Markus Ulbig (CDU) am Dienstag in Dresden.

Bei Routinekontrollen der Fahrtenbücher des Polizeichefs seien Fahrten festgestellt worden, die privat statt dienstlich üblich seien. Daraufhin habe es eine Anhörung mit dem Ergebnis gegeben, dass Merbitz Kosten nachzahlen müsse, sagte der Minister. Gegen den Kostenbescheid legte Merbitz Widerspruch ein, so dass der Fall nun beim Verwaltungsgericht Dresden liegt. Erst nach der Gerichtsentscheidung kann auch das vor längerer Zeit eröffnete Disziplinarverfahren abgeschlossen werden, wie ein Ministeriumssprecher erklärte.

Merbitz weist den Vorwurf zurück

Der Polizeipräsident wies den Vorwurf zurück. Die Fahrten seien rein dienstlich gewesen, sagte Merbitz der in Dresden erscheinenden «Sächsischen Zeitung». Das Blatt zitierte ihn mit den Worten: «Ich bin nach wie vor überzeugt, dass es sich dabei um keine Privatfahrten, sondern um Fahrten aus dienstrechtlichen Anlässen gehandelt hat.»

Innenminister Ulbig gab sich streng. Es sei zwar «offenkundig nicht einfach, Fahrtenbücher zu führen», sagte Ulbig. Es sei aber «wichtig, dass gerade in diesem Bereich korrekt gearbeitet wird». Das Verhältnis zwischen Ulbig und Merbitz gilt seit einiger Zeit als belastet. Der in einem Leipziger Vorort wohnende Polizeichef soll dem Innenminister zu umtriebig sein.

Die tägliche Zusammenarbeit hält Ulbig dennoch für gewährleistet. Darauf dürfe der Streit keine Auswirkungen haben, sagte der Minister. Er bezeichnete es als eine Selbstverständlichkeit, dass die Fahrtenbücher überprüft werden. Ob auch anderen Landesbediensteten Privatfahrten mit Dienstautos zur Last gelegt werden, konnte der Minister nicht sagen.

Merbitz soll 20.000 Kilometer privat gefahren sein

Die laut «Sächsischer Zeitung» geforderten 6.000 Euro Nachzahlung lassen auf eine Gesamtstrecke von 20.000 Kilometern für die umstrittenen Fahrten schließen, die Merbitz zwischen 2007 bis Oktober 2009 zurückgelegt haben soll. Ulbig mochte die Kostenhöhe wegen des laufenden Verfahrens nicht bestätigen, stimmte der Größenordnung aber zu.

Mit scharfer Kritik reagierte der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle. «Wenn sich das bewahrheitet, ist offensichtlich, dass der gemeine Wulff-Virus, einer präsidialen Selbstbedienungsmentalität inzwischen von Hannover über Berlin nach Sachsen gezogen ist und hier einen Landespolizeipräsidenten infiziert hat», erklärte Nolle. Einen Landespolizeipräsidenten, der in ein Disziplinarverfahren und strafrechtliche Ermittlungen wegen möglicher Vorteilsnahme und Untreue verstrickt sei, könne er sich kaum vorstellen.

Von Gregor Klaudius

dapd/grk/bv/fgr
211837 Feb 12