Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 22.02.2012

Polizeiführer mit Dienstwagen-Problem

Landespolizeipräsident Merbitz soll Privatfahrten nicht sauber abgerechnet haben / Er bestreitet das
 
Dresden. Sachsens Landespolizeipräsident Bernd Merbitz ist für sein unkonventionelles Handeln bekannt. Eben dies ist seine Stärke, hat er sich mit seinen Auftritten doch stets Respekt verschafft - in Neonazi-Kreisen zum Beispiel. Dass es aber auch Risiken birgt, bekommt Merbitz seit Wochen zu spüren. Legendär ist noch der von Innenminister Markus Ulbig (CDU) verhängte "Maulkorb" für Sachsens obersten Polizeiführer, auch bekannt unter dem Stichwort "Hausarrest". Und jetzt kommt eine weitere Facette hinzu: Merbitz soll sein Fahrtenbuch nicht ordentlich geführt haben.

Dieses Thema ist für jeden Beamten mehr als heikel. Denn groß ist die Anzahl der Graufelder, schnell liegt ein Fallstrick bereit. Und Merbitz - so der Tenor von Minister Ulbig gestern - hat sich ganz offenbar darin verheddert. Dabei geht es um rund 20 000 Dienstkilometer, die der Polizeichef als Privatfahrten hätte abrechnen müssen. Und es geht um Rückforderungen in Höhe von rund 6000 Euro. Hinzu kommen zwei weitere Tatsachen: Zum einen liegt der Fall bereits beim Verwaltungsgericht, zum anderen läuft ein Disziplinarverfahren gegen Merbitz.

Aufgeflogen ist das Ganze bereits Ende vergangenen Jahres, im Zuge einer Routinekontrolle. Darauf verwies Ulbig gestern und bestätigte einen Bericht der Sächsischen Zeitung. Es folgten eine Anhörung, geeinigt aber haben sich beide Seiten nicht. "Mir ist wichtig, dass korrekt gehandelt wird", sagte Ulbig gestern. Es gebe "unterschiedliche Einschätzungen", nun müsse der Fall vor Gericht geklärt werden. Merbitz selbst bestand auf Anfrage auf der Lesart, er habe seinen Dienstwagen nie zweckentfremdet. "Es war bei jeder Fahrt immer ein dienstlicher Anlass dabei", sagte er. Gleichzeitig verwies er darauf, dass das Disziplinarverfahren wie auch der Gang vors Gericht auf seine Initiative hin erfolgt seien - als sogenannte Selbstreinigung.

Ein politisches Nachspiel hat die Sache ebenfalls. SPD-Mann Karl Nolle reichte umgehend eine Kleine Anfrage ein. Gleichzeitig sprach Nolle von "mutmaßlicher Selbstbedienung".

Wie angespannt die Lage im Ulbig-Ressort derzeit ist, lässt sich auch an einer weiteren Meldung ablesen. So kursieren im Ministerium seit Tagen Gerüchte, der Ressortchef selbst habe seinen Dienstwagen samt Chauffeur ebenfalls privat genutzt - für die Anreise zum Urlaubsort. Nun hat Ulbig laut Sprecher Lothar Hofner in der Tat in Österreich Urlaub gemacht und sich am 14. Februar von Zürich dorthin kutschieren lassen. Dies sei aber rechtens, da er sich zuvor im Urlaub befunden und diesen lediglich am 13. Februar unterbrochen habe - wegen der Neonazi-Aufmärsche unter anderem.

Kurios ist die Rückreise des Ministers dennoch. Denn aus Zeitgründen flog Ulbig am 14. Februar auf eigene Kosten nach Zürich, während sein Dienstfahrer ebenfalls dorthin fuhr - leer versteht sich. Danach habe dieser Ulbig nach Österreich gefahren. Im Gegensatz zum Fall Merbitz sei dies rechtlich möglich, so Hofner. Ob es politisch klug war angesichts der Kürzungen im Polizeibereich, steht aber auf einem anderen Blatt.

Jürgen Kochinke