Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 22.02.2012

Aufstand für das Gartenparadies - Pillnitz: Widerstand gegen Parkgebühren

 
Dresden. Die Pillnitzer laufen Sturm gegen Finanzminister Georg Unland (CDU). Denn der will für einen der schönsten Schlossparks Sachsens ab April Eintritt verlangen. Hunderte haben schon dagegen unterschrieben.

Ziviler Ungehorsam in Dresdens hübschester Wohnlage. "Es geht mir nicht um die zwei Euro Eintritt", sagt Wolfgang Schaller. "In die Spendenkasse für den Park würde ich auch das Doppelte reinwerfen." Aber Schaller, Intendant des Kabaretts Herkuleskeule, ist sauer, dass der Park, der schon unter August dem Starken für jeden zugänglich war, auf einmal zugangsbeschränkt wird. Wie er haben inzwischen knapp 1600 Bürger im Internet unterschrieben gegen die Pläne der schwarz-gelben Staatsregierung, ab April für jeden Besuch im Park Pillnitz zwei Euro Eintritt zu verlangen. Die weitläufige Rokoko-Anlage mit englischem Garten, chinesischem Garten, mit Palmenhaus und Tritonengondel - alles wird zugesperrt.

Finanzminister Georg Unland hat sich mit dieser Entscheidung viel Ärger eingehandelt. Ende Januar kündigte er an, den Staatsbetrieb Schlösser, Burgen und Gärten aus Spargründen in eine gemeinnützige Gesellschaft umzuwandeln. Im Zuge dessen wird nun auch das Eintrittsgeld im Pillnitzer Park fällig. Für die Pillnitzer Bürgerinitiative geht es dabei um eine Grundsatzfrage. "Wir wollen zeigen, dass das sächsische Kulturerbe weiter gepflegt werden muss", sagt Sprecher Peter Schulze.

Die Opposition im Landtag sieht es ebenso. Die SPD-Abgeordnete Eva-Maria Stange sieht in alledem die "Einstiegsdroge für unsere Kulturgüter" und befürchtet, dass sich der Freistaat nun nach und nach von den Zuschüssen für den Park verabschiedet. "Womöglich wird demnächst noch Eintritt für Großen Garten erhoben", so Stange, "nur fehlt da noch das Geld für den Zaun." Ähnlich emotional wie die Internet-Kommentare verlief Ende Januar die Diskussion im Landtag. Da machte der Minister dem Park das Kompliment, er gehöre in die erste Riege der europäischen Gartenanlagen - und dort müsse eben gezahlt werden. Von den Linken hieß es dagegen, der Staatsbetrieb sei "eine kulturelle Perle, keine Zitrone, die man beliebig ausquetschen kann".

FDP-Fraktionschef Holger Zastrow indes merkte an, dass in Pillnitz "nicht gerade die Ärmsten" wohnten, denen acht Euro für die Jahreskarte durchaus zuzumuten seien. Noch 2005, als Oppositionspolitiker, hatte sich Zastrow gegen den Eintritt ausgesprochen. Inzwischen aber, so sein Argument, habe im Pillnitzer Park eine "Qualitätsverbesserung" stattgefunden, die rechtfertige, dass der Gast daran beteiligt werde. Die Grünen verlangen vom Finanzminister ein Wirtschaftlichkeitsgutachten, aus dem der Spareffekt der Aktion abzulesen wäre.
Diese Zahlen lieferte Unland in dieser Woche. Demzufolge bringt der Eintritt künftig Mehrreinnahmen von 740 000 Euro im Jahr. Allerdings müssen zuvor 300 000 Euro für Kassenhäuschen, Beschilderung und schließlich den Zaun investiert werden.

Wo aber der Zaun verlaufen soll, kann sich in Pillnitz niemand vorstellen. Denn der Park, in dem schon die berühmte Gräfin Cosel gärtnerte, bevor sie auf der Burg Stolpen schmachten musste, ist in 300 Jahren erst zum Ort Pillnitz geworden. "Egal wo man hin will", sagt Peter Schulze, "und wenn es zum Bäcker ist, man geht immer durch den Park."

Mit einem Zaun zerschneidet man den ganzen Ort, da sind sich die Kritiker sicher. Außerdem befürchten viele, dass von den jährlich 600 000 Besuchern im Park viele ausbleiben werden, wenn gezahlt werden muss. "Dadurch entsteht automatisch eine Hemmschwelle, an der viele vorbei gehen werden", sagt Schulze. Die Bürgerinitiative hofft, die Entscheidung doch noch zu drehen. Ihr Anliegen wird als Petition beim Landtag eingereicht. Und wenn sich sachsenweit mindestens 450 000 Unterstützer fänden, könnte es sogar einen Bürgerentscheid geben.

Im Internet hat ein Kommentator angekündigt hart zu bleiben: "Ich werde diesen Eintritt nicht zahlen und doch reingehen. Und wenn es Ärger gibt."

Von Christine Keilholz