Karl Nolle, MdL

Agenturen, dpa, 13.51 Uhr, 29.03.2012

Leipziger OB verspricht Aufklärung im Grundstücks-Skandal

 
Die Stadt Leipzig hat ein Problem: Herrenlose Grundstücke wurden vorschnell verkauft. Das Rechtsamt verzichtete auf die Suche nach Erben. Der Oberbürgermeister verspricht Aufklärung und Schadenersatz

Leipzig (dpa/sn) - Die Stadt Leipzig steht wegen des fehlerhaften Umgangs mit vermeintlichen herrenlosen Grundstücken vor einem Debakel. Das Rechtsamt hat offensichtlich über Jahre hinweg nicht nach den rechtmäßigen Erben der Häuser und Grundstücke gesucht. Stattdessen wurden gesetzliche Vertreter bestellt, die die Grundstücke teils veräußert haben - möglicherweise unter Wert. Etliche Erben fühlen sich kalt enteignet.

Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) räumte am Donnerstag schwere Versäumnisse ein. «Die Akten sind mangelhaft geführt worden. Die Eigentümerrecherche, die notwendig ist, ist ebenfalls mangelhaft erfolgt.» Jung versprach Aufklärung und Schadenersatz.

Der Problem der herrenlosen Grundstücke rührt aus der Zeit der deutsch-deutschen Teilung. Hausbesitzer zogen weg oder flohen. In der DDR wurden Grundstücke verstaatlicht und die Grundbücher lückenhaft geführt. Nach dem Mauerfall standen die Stadtverwaltungen vor einem Wust ungeklärter Vermögensfragen. Deren Lösung scheint in Leipzig vorschnell und zum Nachteil der Erben erfolgt zu sein.

Die Überprüfung von 754 Akten ergab, dass es in 565 Fällen keine Hinweise auf eine Erbensuche durch das Rechtsamt gibt. 667 Akten weisen Bearbeitungsmängel auf. Drei Mitarbeiter des Rechtsamtes, darunter die frühere Leiterin, wurden suspendiert. Die Staatsanwaltschaft Leipzig ermittelt wegen des Verdachts der Untreue. Jung sagte, die für ihn einzige gute Nachricht sei: «Es liegt bis heute keinerlei Hinweis auf Korruption vor.» Ein System - etwa eine konspirative Zusammenarbeit von Mitarbeitern des Rechtsamtes, gesetzlichem Vertreter und Immobilienkäufern - sei nicht erkennbar.

Bislang lägen drei Fälle vor, in denen Erben Schadenersatz angemeldet haben - in einem unteren sechsstelligen Bereich, hieß es. In einem Fall soll das Landgericht Leipzig entscheiden, ob der Wert, zu dem ein gesetzlicher Vertreter ein Haus verkauft hat, zu niedrig war. Es sei noch nicht absehbar, welche Forderungen auf die Stadt noch zukommen könnten, hieß es.

Sicher ist, dass Leipzig Zinsen nachzahlen will - und zwar an Erben, deren Eigentum verkauft wurde. 411 Grundstücke wurden verkauft, in 160 Fällen erhielten Erben, die sich später gemeldet haben, den Erlös. Der Rest des Geldes - die Rede ist von 6,2 Millionen Euro - liegt auf städtischen Verwahrkonten. Die Stadt richtet sich darauf ein, 1,1 Millionen Euro an Zinsen an die Erben nachzuzahlen.

OB Jung hat zudem den früheren Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts, Eckart Hien, gebeten, als Ansprechpartner für verunsicherte Erben zu fungieren. Hien soll als Schlichter und Mediator nach gütlichen Lösungen suchen.

Autorin: Birgit Zimmermann

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