Karl Nolle, MdL

Agenturen, dpa, 15:36 Uhr, 29.03.2012

SPD: Regierung hat bei Bildungspaket gelogen - Thema im Landtag

 
Pisa war gestern, jetzt wächst der Frust. Sachsen wurde lange für seine Bildungspolitik gelobt und schnitt bei Vergleichen gut ab. Jetzt steht die Regierung wegen ihrer Personalplanung im Kreuzfeuer.

Dresden (dpa/sn) - Sachsens Regierung hat nach Ansicht der SPD bei ihrem Bildungspaket gelogen. Bis in den Februar hinein sei die Öffentlichkeit mit «Rechenspielen» getäuscht worden, erklärte die frühere SPD-Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange am Donnerstag in Dresden. Nach dem Rücktritt von Kultusminister Roland Wöller (CDU) versuche Schwarz-Gelb nun auf Zeit zu spielen. SPD-Fraktionschef Martin Dulig forderte Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) auf, bis Ende April eine Lösung vorzulegen. Lehrermangel und andere Missstände an den Schulen sind momentan das beherrschende Thema in Sachsen. In der Osterwoche kommt es im Landtag zur Sprache.

Die SPD fordert die Regierung auf, das Bildungspaket nachzubessern und will namentlich darüber abstimmen lassen. «Jeder Abgeordnete soll sich bekennen», sagte Dulig. Das Thema bewege inzwischen auch die ganze CDU-Fraktion. Die Unionsabgeordneten bekämen den Druck in ihren Wahlkreisen ab. «Die politische Verantwortung trägt der Ministerpräsident Stanislaw Tillich.» Bislang sei es ein beliebtes Spiel von ihm gewesen, in brenzligen Situationen andere Minister vor das Loch zu schieben. Diese Taktik greife beim Bildungspaket aber nicht mehr. Stange sprach von einer dramatischen Situation. Dafür seien nicht nur die Proteste Tausender Schüler ein Beleg.

Nach Rechnung der SPD muss Sachsen bis spätestens 30. Mai alle Voraussetzungen schaffen, um mindestens 1700 Lehramtsstudenten zu immatrikulieren. Im aktuellen Wintersemester sind es gerade mal 900. Laut SPD sind in diesem Jahr mindestens 800 und in den Folgejahren jährlich etwa 1000 Neueinstellungen von Lehrern erforderlich, um auf Altersabgänge und steigende Schülerzahlen zu regieren. Zudem müsse es ab dem kommenden Schuljahr mindestens 1500 Referendariatsplätze geben. Zudem hält die SPD eine bessere Vergütung der Lehrer für erforderlich, um sie zum Bleiben zu bewegen. Sächsische Lehrer seien von vornherein schlechter eingruppiert als ihre West-Kollegen.

Wöller hatte in der Vorwoche das Handtuch geworfen, weil er keine Verantwortung mehr für die Misere tragen wollte. Er wurde durch die parteilose Brunhild Kurth ersetzt. Zum Abschied legte Wöller seiner Fraktion nackte Zahlen auf den Tisch, die viele in der Union aufschrecken ließen. Die Lehrerschaft sei überaltert, bis 2030 würden 26 000 von 30 000 Lehrern in den Ruhestand gehen, listete Wöller auf. Obwohl die Schülerzahl bis 2020 um 15 000 steigt, soll die Zahl der Lehrer um 2000 sinken. Wöller attestierte «unattraktive Arbeitsbedingungen» für Lehrer und Unterrichtsausfall. Sein Fazit: «Sachsen wird seine Spitzenposition bei der Bildung verlieren.» 

Autor: Jörg Schurig

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