Karl Nolle, MdL
Rede im Plenum des Sächsischen Landtages, 04.04.2012
"Wo ist denn das Ermittlungsverfahren gegen Milbradt und Metz wegen Verstoßes gegen die sächsische Haushaltsordnung, gegen das Gesetz über das öffentlich-rechtliche Kreditwesen und gegen das Landesbankgesetz?"
Der Finanz-Tsunami der CDU - Rede zum Landesbank Garantiefonds Drs. 5/8607
Karl Nolle, SPD:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen!
Herr Kollege Schmalfuß! Die Diskussion über die Sachsen LB, zum Thema, das wir hier angesprochen haben, wird erst dann zu Ende sein, wenn der letzte Euro aus dem Garantiefonds ausgezahlt sein wird. Bis dahin werden wir nicht müde werden, die Ursachen und Hintergründe dieses Skandals, der auf Ihrem Mist gewachsen ist, meine Damen und Herren Kollegen der CDU, zu thematisieren.
Aber ich glaube, heute Abend ist nicht die Situation, in der man über die Problematik tiefgründig und tiefschürfend diskutieren kann. Ich habe dazu viel zu sagen und stimme meiner Kollegin Antje Hermenau voll zu.
Es ist natürlich nicht so, dass heute nicht nur der Garantiefonds auf der Tagesordnung steht, sondern natürlich auch die Gründe, warum es zu diesem Garantiefonds kommen musste,
(Antje Hermenau, GRÜNE: Ja!)
was es für das Land in der Vergangenheit bedeutet hat und in Zukunft noch bedeuten wird.
Deswegen gebe ich heute Abend meine Rede zu Protokoll. Wir werden uns natürlich an einer ausführlichen Diskussion beteiligen, was Klaus Bartl gesagt hat, um genau das aufzuarbeiten, worum es heute auch geht, dass nicht in Vergessenheit gerät, dass das der Finanz-Tsunami der CDU in Sachsen gewesen ist.
Redemanuskript:
Werte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen,
alle Abgeordneten dieses Hohen Hauses, die das eigene Denken noch nicht an der Parlamentsgarderobe abgegeben haben, sollten bei jeder Gelegenheit, an die Pleite der sächsischen Landesbank und ihre Verursacher erinnern.
Die jährlich Beschlüsse zum Garantiefonds sind eine gute Gelegenheit, darauf hinzuweisen, welche christdemokratischen Finanzgenies und Pokerspieler die Architekten dieses Desasters waren - und die dabei von ihnen, meine Damen und Herren der CDU Fraktion, ohne jede Kontrolle und ohne Widerspruch, gestützt wurden - von manch einem sicherlich auch mit geballter Faust in der Tasche.
Und sagen Sie nicht, dass es nicht frühzeitig warnende Stimmen vor der Blackbox in Irland und dem Trio Infernale in Leipzig gegeben hat. Die Parlamentsprotokolle sind da unbestechlich.
Schauen Sie einmal nach, welche Märchen der damalige Finanzminister und spätere Ministerpräsident Georg Milbradt, diesem Parlament aufgetischt hat.
Alle mit dem SachsenLB Desaster beschäftigten Gutachter (z.B. auch Ernst und Young) haben festgestellt, dass die Grundlagen dieser Finanzkatastrophe bereits mit der Strategieänderung 1999 gelegt wurden, als aus der Bank für die sächsische Wirtschaft - ein Pokerspieler auf den internationalen Finanzmärkten wurde, der dann Mitte 2004 begann mit der Verpfändung der Gewährsträgerhaftung in den Reigen internationaler Finanzspekulationen einzutreten.
Die Verantwortung für diese Entwicklung haben diejenigen, die bis heute allein im Land das Sagen haben - die CDU in Sachsen, die CDU Ministerpräsidenten und ihre CDU Finanzminister - diejenigen, die aktiv diesen Wahnsinn betrieben haben und diejenigen, die sie nicht daran hinderten - und mit treuem Augenaufschlag deren fetten Märchen glaubten.
- Hat nicht Ministerpräsident Georg Milbradt die Richtlinien bestimmt, war Finanzminister Horst Metz nicht Vorsitzender des Verwaltungsrates, Vorsitzender des Kreditausschusses und Vorsitzender des Präsidialausschusses, hat nicht Milbradts Intimus, Bernd Thode, aus dem SMF, alle Gremiensitzungen voll umfänglich zusammen mit dem Vorstand vorbereitet - in der einen Westentasche die Rechtsaufsicht - in der anderen den Pokerspieler?
Hat nicht das Bafin der Bank schon früh mehrfach verheerende Zeugnisse ohne jegliche Konsequenz ausgestellt?
War nicht das Desaster bereits Mitte 2005 perfekt, als der Kreditausschuss, im Goldrausch, noch einmal Vorratsbeschlüsse für den Erwerb von Giftpapieren mit über 40 Milliarden Risiken fasste?
- Welche Fragen zu den Risiken, damals völlig alleine, der damalige SPD Staatssekretär, Christoph Habermann, stellte und wie er dabei vom Vorstand belogen wurde, ist zu seiner Ehrenrettung damals protokolliert worden. Ich kenne diese Protokolle - alle.
Was wir damals noch nicht wussten und wissen konnten, ist die Tatsache, dass die Vorstände der Bank sogar die angeblichen Gewinne durch Bilanzfälschung getürkt haben, die dann Grundlage für ihre fetten Tantiemen und die wunderschönen Gewinnausschüttungen an Sparkassen und Kommunen waren.
- Sind Horst Metz und Georg Milbradt damals etwa mit Worten der Entschuldigung oder des Bedauerns abgetreten?
Weit gefehlt. –
Horst Metz stellte gesundheitliche Probleme fest und Georg Milbradt wand sich wie ein Aal im Untersuchungsausschuss bis ihm peinliche Eigengeschäfte mit der Landesbank vorgehalten wurden und er den Hut nehmen musste.
Für die rund 3 Milliarden Euro Schaden sind alleine diese beiden Herren und der Vorstand der Bank verantwortlich.
Gegen den Vorstand der Bank ermitteln seit über drei Jahren fünf sächsische Staatsanwälte, real jedoch tatsächlich nur 2,5 . Eine Personalausstattung, die man dann gut einschätzen kann, wenn man weiß, wer in die Ermittlungen tatsächlich eingebunden ist. - ein Staatsanwalt mit ganzer Arbeitskraft, zwei Staatsanwälte mit je 0,5 Arbeitskraft, ein Staatsanwalt mit einem Arbeitskraftanteil von 0,3 und ein weiterer Staatsanwalt mit 0,2. Was soll da, trotz größter Anstrengung herauskommen?
Doch niemand soll sagen, die sächsischen Staatsanwälte seien nur mit Großdemonstrationen und über 1 Million Handydaten befasst.
Meine Damen und Herren,
jeder kleine Bürgermeister oder Landrat, der am Kreistag oder Gemeindeparlament vorbei Schaden verursacht, kann sofort ein Ermittlungsverfahren erwarten.
Kennt irgend jemand hier im Haus ein Ermittlungsverfahren gegen Milbradt oder Metz wegen Verstoßes gegen die sächsische Haushaltsordnung, wegen Verstoßes gegen das Gesetz über das öffentlich-rechtliche Kreditwesen, wegen Verstoßes gegen das Landesbankgesetz oder wegen der Verpfändung des Vermögens des Freistaates Sachsen?
Der sächsische Rechnungshof hat in seinem vernichtenden Landesbankbericht diese Verantwortung angemahnt und Konsequenzen gefordert. Passiert ist nichts.
Zwischen 2002 und 2008 saßen im Verwaltungsrat und im Kreditausschuss der Sachsen LB insgesamt 95 Mitglieder, alles, was bei Sparkassen und Politik Rang und Namen hat, war vertreten, darunter auch SPD-Mitglieder.
Um nach der Sachsen LB Pleite Transparenz in die Arbeit der Gremien zu bringen und um verantwortliche Mitglieder auf Schadensersatz verklagen zu können, stimmten am 20. Januar 2011 54 Abgeordnete und selbstverständlich auch die SPD, einem entsprechenden Antrag der Grünen zu, der jedoch mit der großen Weisheit der Koalitionsfraktionen und 69 Nein-Stimmen abgebügelt wurde. Weiteres war politisch nicht gewollt.
Meine Damen und Herren,
der Garantiefonds mit der Garantiesumme von 2,75 Mrd. ist zusammen mit der Haushaltsrücklage faktisch gefüllt. Und das innerhalb von 2 Jahren!
Das Auffüllen des Garantiefonds erfolgte vor allem zulasten der Finanzierung der gesamten gesellschaftlichen und sozialen Infrastruktur.
Das Sparen des Doppelhaushaltes 11/12 diente einzig und allein der Abfinanzierung der SachsenLB Bürgschaft!
Hier sind einige ihrer Ruhmesblätter
• Wegfall des beitragsfreien Vorschuljahres (38 mio €)
• Wegfall des kommunalen Investitionsprogramms Kita (27 mio)
• Kürzung der Ganztagsangebote (10 mio)
• Kürzung der Förderung freier Schulen (17 mio)
• Kürzung der Jugendpauschale (4 mio)
• Kürzung des Studentenwerke-Zuschusses
• Wegfall des Weihnachtsgeldes für Beamte
Bemerkenswert ist, daß sich das Fondsvolumen von rund 17,3 Mrd, für das die Garantie gilt, inzwischen halbiert hat – bei „nur“ 311 Mio Ausfallzahlungen.
Zahlungen in Höhe von rund 11% der Garantiesumme stehen somit einer Verringerung des Fondsvolumens von etwa 50% gegenüber.
Langsameres und systematisches Sparen für den Garantiefond hätte zu mehr Handlungsspielraum bei nachhaltigen Investitionen, beispielsweise in Bildung, geführt.
Fazit: Die Garantiefondzahlungen (Für die alleine die CDU die Verantwortung trägt) entziehen uns wichtige Mittel zur Finanzierung der gesellschaftlichen, sozialen, besonders der Bildungsinfrastruktur, auch bei den Kommunen. - Ihre Bereitstellung zahlen letztendlich alle Bürger Sachsens.
Ein langsameres und systematisches Ansparen des Garantiefonds hätte uns heute mehr Handlungsspielraum gegeben, um Bundes- und EU-Mittel, die jetzt noch zur Verfügung stehen, ko-finanzieren zu können.
Der Freistaat legt stattdessen das Geld im historischen Zinstief auf die hohe Kante.
Jetzt, wo man aus einem Euro noch drei Euro machen kann, sollten wir den Mut aufbringen, Teile von Mitteln aus dem Garantiefond schnellstmöglich für dringende Investitionen freizugeben.
- Oder wir werden weiter auf dringend notwendige Investitionen in Kitas und Schulen verzichten müssen, um ganz schnell die ruinöse Bruchlandung in der großen, schillernden Finanzwelt vergessen zu lassen.
Dem Finanz-Tsunami bei der Landesbank folgt nun der schwarze Bildungs-Tsunami aus dramatischem Lehrermangel und erschreckendem Stundenausfall – und nun unter der Führung des großen Steuermannes, Stanislaw Tillich.
Danke für die Aufmerksamkeit ...
Karl Nolle, MdL