Karl Nolle, MdL

Die Welt, 14.06.2007

Eine kurze Skandal-Chronik des Freistaates

 
Der aktuelle Korruptionsskandal ist nicht der erste Fall, der in Sachsen für Furore sorgt - wie ein roter Faden zieht sich eine Serie von Affären durch die Geschichte des jungen Freistaates. Mit Leipzig und Dresden verfügt Sachsen über die beiden einzigen Metropolen der neuen Länder. Das hat zwar den wirtschaftlichen Aufschwung befördert, aber womöglich auch die Ausbreitung von kriminellen Netzwerken begünstigt. Hinzu kommt eine lange Alleinherrschaft der CDU, die erst seit 2004 mit der SPD regiert.

Bereits Anfang der Neunzigerjahre musste sich Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) den Vorwurf gefallen lassen, beim Bau eines Behördencenters in Leipzig-Paunsdorf seinen Duzfreund Heinz Barth begünstigt zu haben. In dem Gebäudekomplex des Kölners hatte der Freistaat langfristig Räume zu überteuerten Preisen angemietet. Das wurde von dem dort untergebrachten Landesrechnungshof moniert. Die Opposition bezifferte den Schaden auf 120 Millionen Mark. Der Strafrechtsprofessor Hans-Ullrich Paeffgen, der lange an der TU Dresden lehrte, wirft Sachsens Generalstaatsanwalt Jörg Schwalm vor, damals die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden sabotiert zu haben.

Seit Februar 2004 sorgten Vetternwirtschaft und Missmanagement in der Landesbank Sachsen für Schlagzeilen. Doch Biedenkopf-Nachfolger Georg Milbradt stellte sich lange bedingungslos hinter das Management des Instituts - selbst als Vorwürfe der Mitarbeiterbespitzelung, der Bilanzkosmetik und fauler Immobiliengeschäfte laut wurden. Erst als im Februar 2005 bei einer Hausdurchsuchung in der Bank gefälschte Urkunden entdeckt wurden, mussten der Vorstandschef und zwei Führungskräfte den Hut nehmen.

Zum Desaster geriet schon im Herbst 2003 die Olympiabewerbung mit der deutschen Kandidatenstadt Leipzig. Der damalige Sportminister Otto Schily (SPD) sprach von "kriminellen Machenschaften", mehrere Verantwortliche mussten zurücktreten. Es ging um versenkte Millionbeträge, Stasi-Verstrickungen und den Vorwurf der Aktenvernichtung. Abberufen wurde auch der Leipziger Olympia-Beauftragte Burkhard Jung, der umstrittene Provisionszahlungen an fragwürdige Berater zu verantworten hatte. Das Regierungspräsidium rügte sein Verhalten - heute ist der Sozialdemokrat Oberbürgermeister in Leipzig. Sein in die Affäre involvierter Vorgänger Wolfgang Tiefensee (SPD) überstand den Vorgang ebenfalls unbeschadet und schaffte als Verkehrsminister den Sprung ins Bundeskabinett.

Eine Anklage wegen Bestechlichkeit, Untreue und Falschaussage kassierte voriges Jahr der frühere Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU). Beim Verkauf des Dresdner Zentrums Mikroelektronik (ZMD) an die Zwickauer Sachsenring AG (SAG) sollen auf seine Vermittlung hin zusätzliche Fördermittel in Millionenhöhe geflossen sein, um mit dem Geld vor der Landtagswahl 1999 eine Imagekampagne zugunsten der CDU-Landesregierung zu finanzieren.

Von Uwe Müller; Sven Heitkamp