Karl Nolle, MdL
Freie Presse, 10.05.2001
"Lieber Georg, lieber Kurt"
Endlos-Serie Schevenstraße: Fortsetzung jetzt im Landtag
Dresden. „Jetzt ist das Parlament gefordert"; ruft SPD-Fraktionschef Thomas Jurk und verlangt einen Untersuchungsausschuss. Sein Pech: Die SPD benötigt dafür 24, hat aber nur 14 Stimmen: „Wir wollen keine Erbsenzählerei", sagt Andre Hahn, „sondern eine Generalabrechnung". Für die beantragt die PDS eine Sondersitzung des Landtages. Frommer Sozialisten-Wunsch: Der Landtag möge Kurt Biedenkopf zum Rücktritt auffordern. Dann brauchte man keinen Untersuchungsausschuss mehr.
Endlos-Serie Schevenstraße: Die PDS sei an einem Showauftritt im Landtag mehr interessiert als an einer parlamentarischen Untersuchung, meldet sich die FDP zu Wort und übertrifft die PLUS in ihrer Haltung, die eigentlich staatstragend sein soll. Im Wetteifern der Opposition um die Herstellung ordentlicher Verhältnisse beiden Biedenkopfs verhallt beinahe die Stimme der Mehrheitsfraktion. Man habe doch im zuständigen Finanzausschuss auch mit den Stimmen von PDS und SPD beschlossen, sich am 30. Mai mit dem dann vorliegenden Rechnungshofbericht zu beschäftigen, ahnt CDU-Chef Fritz Hähle die Absicht der Effekthascherei.
„Wir werden uns nicht an persönlichen und parteipolitischen Profilierungsversuchen beteiligen", lässt die PDS aufhorchen und sammelte ihre 30 Stimmen, um heute den Landtagspräsidenten vor die unerquickliche Aufgabe zu stellen, über eine Sondersitzung am nächsten Mittwoch zu befinden. Immerhin drei Stunden möchte die PDS Biedenkopf und Co. in die Mangel nehmen. Dafür reicht an den beiden anderen Plenartagen angeblich die Zeit nicht.
„Lieber Georg" und „lieber Kurt" sprachen sich gestern in der CDU-Fraktion zwei alte Freunde an. Der liebe Kurt Biedenkopf habe dein lieben Georg Milbradt vor der Presse nicht den schwarzen Peter zuschieben wollen, betonte der Regierungschef. Auch er, der Ex-Finanzmünster, habe von dem Rechnungshof-Bericht, der Änderungen an der Schevenstraße-Konstruktion empfohlen hatte, nichts gewusst, versicherte Milbradt. Den Mietpreis von 8,15 Mark habe er in Ordnung befunden. Und im übrigen wolle auch er zur Aufklärung beitragen.
(Hubert Kemper)