Karl Nolle, MdL

Agenturen, dapd, 16:54 Uhr, 26.04.2012

Bund pocht weiter auf Verfassungstreue-Bekenntnis - Auch Sachsen sieht «keinen Handlungsbedarf»

 
Dresden (dapd-lsc). Trotz einer juristischen Niederlage und anhaltender Kritik will das Bundesfamilienministerium vorerst nicht auf die umstrittene, auch Extremismusklausel genannte Demokratieerklärung verzichten. Sie bleibe bis zum Ende einer «eingehenden Prüfung» Bestandteil der Bescheide, sagte eine Sprecherin am Donnerstag in Berlin. Auch Sachsen will nach der Entscheidung des Dresdner Verwaltungsgerichts an der bisherigen Praxis festhalten und Initiativen nur fördern, wenn diese sich zur demokratischen Grundordnung bekennen.

Das Gericht hatte am Mittwoch die von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) geforderte Demokratieerklärung für rechtswidrig erklärt und argumentiert, bestimmte Formulierungen seien nicht präzise genug. Dabei geht es vor allem um die Forderung, dass Demokratie-Initiativen, die Geld aus einem entsprechenden Bundesprogramm beantragen, auch für die Verfassungstreue von Partner-Organisationen bürgen sollen.

Die Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung ließ das Dresdner Gericht die Berufung zum sächsischen Oberverwaltungsgericht zu.

SPD fordert Rücknahme der Klausel

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, forderte Schröder auf, die Klausel umgehend zurückzunehmen. Statt Zivilcourage zu stärken, stelle die Ministerin mit der «Gesinnungsprüfung» viele Initiativen gegen Rechts unter Generalverdacht der Verfassungsfeindlichkeit. Auch die Amadeu Antonio Stiftung verlangte die Rücknahme der Klausel. In der Pflicht sei auch Sachsen.

Ein Sprecher von Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) sagte, es gebe keinen Handlungsbedarf, da die vom Gericht beanstandeten Formulierungen in der sächsischen Fassung der Demokratieerklärung nicht mehr enthalten seien. Von Vereinen, die Fördergelder aus dem Landesprogramm «Weltoffenes Sachsen» erhalten wollen, werde auch künftig ein Bekenntnis zur demokratischen Grundordnung gefordert.

Sachsen hatte die Erklärung des Bundes zunächst weitgehend übernommen, dann aber nach Kritik überarbeitet.

Der Dresdner Politikwissenschaftler Werner Patzelt bezeichnete die Entscheidung der Dresdner Richter als «ein sinnvolles, differenziertes Urteil». Problematisch sei an der Klausel, dass sie Organisationen verpflichte, die Gesinnung ihrer Projektpartner zu überprüfen. Das sei aber Aufgabe des Staates.

Dass zivilgesellschaftliche Initiativen sich auch weiterhin zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen müssten, wenn sie Fördermittel in Anspruch nehmen wollen, sei nicht zu beanstanden, fügte er hinzu. Der Staat müsse das Recht haben, «zu überwachen, wer seine Gelder empfängt».

dapd/T2012042550089/lr/sl
261654 Apr 12