Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 30.06.2012

Ministerpräsident möbliert

 
Lockes Landtag, Kolummne von Stephan Locke

„Liebe Mitglieder und Freunde der Sächsischen Union, sehr geehrte Damen und Herren, flanieren Sie durch einen romantischen Landschaftspark und lassen Sie sich von mittelalterlichen Ruinen und verschlungenen Wegen unter alten
Bäumen verzaubern", schreibt der Ministerpräsident diese Woche in einem Brief.
 
Na endllich!  Lange haben wir gewartet, nun ist sie da: Stanislaw Tillichs Vision für den Freistaat im Jahr 2020!

„Wieso erst 2020?", werden jetzt einige fragen. „Bei uns sieht's heute schon so aus!" Das ist völlig richtig und die ganze Aufregung mal wieder unserer Ungeduld geschuldet. Denn jetzt haben auch wir den Brief zu Ende gelesen und bemerkt, dass es sich nicht um den erhofften Plan, sondern um die Einladung an Parteimitglieder und Freunde zum CDU-Sommerfest handelt. Das findet dieses Jahr im Klosterpark Altzella statt. Das wäre nicht erwähnenswert, läge der Einladung nicht ein 20-Euro Gutschein eines Möbelhauses bei, den man bereits ab einem 40-Euro-Einkauf einlösen kann.
 
50 Prozent Möbel-Rabatt für die Union? So ändern sich die Zeiten. Während Biko einst an der Kasse um weit weniger betteln und am Ende gehen musste, gibt's nun Polit-Rabatt frei Haus. Aber hausen Sachsens CDUla heute noch zwischen Linoleum, Gummibaum und Sprelacart, dass nun mit Gutschein erst mal das Allernötigste erworben werden muss?

Oder fallen demnächst im Freistaat möbelpolitische Entscheidungen, welche das
Einrichtungshaus mit kleinen Aufmerksamkeiten in die richtige Richtung lenken will?

Wird etwa das Haus des Ministerpräsidenten neu möbliert? Will des Freistaats First Frau Vroni eine neue Küche? Gestaltet sie das Wohnzimmer gemütlich um? Braucht Stanislaw Tillich einen neuen Teppich, weil er auf dem alten nicht länger bleiben kann?

Andererseits: Wie weit kommt man mit 20 Euro? ist das nicht ein bisschen mickrig? Mal herhören, Möbelhaus! Wenn ihr schon die politische Landschaft pflegt, nehmt euch doch ein Beispiel an Niedersachsen. Dort musste der Ministerpräsident einst nicht mal mehr selbst Einkaufen gehen, nein, er bekam sogar im Urlaub voll möblierte Anwesen gestellt. Wenn Sachsen also je auf Westniveau kommen will, muss da was passieren. Ja, so muss Möbel! Oder wie es in der Branche heißt: Lebst du noch oder schmierst du schon?