Karl Nolle, MdL
DNN/LVZ, 19.07.2012
Thüringen will bundesweiten Mindestlohn
Erfurt. Thüringens Landesregierung strebt einen deutschlandweit einheitlichen Mindestlohn für alle Arbeitnehmer und Branchen an. Auf eine bestimmte Höhe konnte sich die schwarz-rote Koalition jedoch nicht einigen. Diese Aufgabe soll eine unabhängige Kommission übernehmen. Der Vorstoß stellt trotzdem ein Novum dar, weil erstmals eine CDU-geführte Landesregierung eine Lohnuntergrenze ohne Einschränkungen akzeptiert. Den Gesetzentwurf will Thüringen im Herbst im Bundesrat einbringen.
"Damit kommt endlich Bewegung in die festgefahrene Mindestlohndebatte in Deutschland", sagte SPD-Wirtschaftsminister Matthias Machnig. Es dürfe keine Schlupflöcher für Lohndumping mehr geben. Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) erklärte: "Für immer mehr Menschen ist das Thema Lohn existenziell bedeutend. Thüringen legt einen gerechten und gleichzeitig praktikablen Vorschlag vor, der die Tarifpartner in ihrer Verantwortung gesetzlich stärker fordert."
Den von SPD-Seite forcierten Mindestlohn von 8,50 Euro lehnte sie mit Verweis auf die im Grundgesetz geschützte Tarifautonomie ab. Trotzdem wagt sich Lieberknecht deutlich über die bisherige CDU-Linie hinaus, die zwar eine Lohnuntergrenze befürwortet, aber nur dort, wo tarifvertragliche Regelungen fehlen. Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff (CDU) reagierte ablehnend: "Von der Tarifpartnerschaft abgekoppelte, flächendeckende Mindestlöhne können nicht die Lösung sein." Er teile aber das Ziel, jedem Vollzeitbeschäftigten ein existenzsicherndes Einkommen zu ermöglichen. Dies müsse jedoch von den Arbeitgebern und Gewerkschaften kommen, sagte Haseloff.
Der Thüringer Kompromiss zum Mindestlohn schlägt die Bildung einer Kommission nach britischem Vorbild vor. Jeweils sieben Vertreter der Arbeitgeber und Arbeitnehmer - berufen vom Bundesarbeitsministerium - sollen jährlich einen Bruttostundenlohn festlegen.
Robert Büssow