Karl Nolle, MdL

Agenturen, dapd, 15:08 Uhr, 19.07.2012

Kommission zum Umbau des Verfassungsschutzes eingesetzt - Innenminister Ulbig beruft frühere Generalbundesanwältin Harms in Gremium

 
Dresden (dapd-lsc). Sachsen will mit Hilfe von Experten seinen Verfassungsschutz neu ordnen. Nach den Ermittlungspannen um die Zwickauer Terrorzelle wurde dafür eine dreiköpfige Expertenkommission berufen. Wie das Innenministerium am Donnerstag in Dresden mitteilte, gehören ihr die ehemalige Generalbundesanwältin Monika Harms an, der frühere Verfassungsschutzchef von Baden-Württemberg, Helmut Rannacher, und der Ex-Präsident des sächsischen Rechnungshofes, Franz Josef Heigl.

Innenminister Markus Ulbig (CDU) sagte: «Wir brauchen einen Philosophiewechsel beim Verfassungsschutz.» Die zum 1. August berufene Kommission bilde dafür die Basis. «Ich bin mir sicher, dass hier kompaktes Wissen, Expertise und Kreativität versammelt sind, um Vorschläge für eine neue tragfähige Struktur des Verfassungsschutzes zu erarbeiten», erklärte Ulbig.

Die Opposition im Landtag reagiert mit zum Teil heftiger Kritik, da für die Reform keine neue Kommission notwendig sei. Bislang hieß es, dass ein unabhängiger Experte ab Anfang August zur Aufdeckung der Schwachstellen des Geheimdienstes eingesetzt werden soll. Der Zwickauer Terrorzelle werden zehn Morde bundesweit zur Last gelegt, deren rechtsextremer Hintergrund über Jahre nicht erkannt wurde.

Opposition reagiert mit zum Teil heftiger Kritik

Die Ermittlungsdefizite haben bundesweit zu einer Debatte über eine Reform des Verfassungsschutzes geführt. Wegen einer Aktenpanne trat zuletzt auch Sachsens Verfassungsschutzchef Reinhard Boos zurück. Wer die Behörde zunächst kommissarisch leiten soll, ist noch unklar. Vor Boos räumten bereits der Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, und der Thüringer Amtschef Thomas Sippel ihre Ämter.

Die neue Kommission in Sachsen soll die Arbeitsabläufe und die Organisation des Landesamtes für Verfassungsschutz prüfen. Auch die Zusammenarbeit mit der Polizei spielt dabei eine Rolle. Zum Abschluss soll ein Gutachten mit Empfehlungen zur Verbesserung der Arbeit vorliegen.

Gutachten soll vorgelegt werden

Die Linksfraktion kritisierte die Berufung der Kommission scharf. Die Untersuchungen möglicher Verfehlungen sei Sache des Landtags-Untersuchungsausschusses zur Terrorzelle und der Parlamentarischen Kontrollkommission, erklärte die Abgeordnete Kerstin Köditz. Geradezu eine Provokation sei die Ernennung von Harms. Ihr Name sei ein «Synonym für Obrigkeits- und Überwachungsstaat».

Die Grünen-Fraktion sprach von einer «Bankrotterklärung» des Innenministers, da die Kommission seine «originären Aufgaben» lösen solle. Offenbar sei der Minister «vollkommen plan- und kopflos», hieß es. Die CDU-Fraktion erklärte hingegen, dass die Kommission die Souveränität und den Aufklärungswillen des Innenministers unterstreiche. Es sei wichtig, im Verfassungsschutz Schwachstellen zu finden und Vorschläge für «dringend notwendige Umstrukturierungen» zu unterbreiten, erklärte der Abgeordnete Volker Bandmann.

dapd/T2012071900743/zim/kos
191508 Jul 12