Karl Nolle, MdL

Agenturen, dpa, 14:52 Uhr, 31.08.2012

Der Streit im Untersuchungsausschuss zur Neonazi-Terrorzelle aus Zwickau geht weiter

 
Die Linken fühlen sich in ihrer Arbeit behindert und greifen den CDU-Ausschussvorsitzenden an, der aber alle Vorwürfe zurückweist.

Dresden (dpa/sn) - Die Linken im Untersuchungsausschuss des sächsischen Landtags zum Neonazi-Trio Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) sehen sich in ihrer Arbeit behindert und wollen deshalb eine Sondersitzung des Gremiums beantragen. «Wer geglaubt hat, die Verzögerungs- und Vertuschungstaktik der CDU in Sachsen bei der Aufklärung der Verbrechen des Terrornetzwerkes NSU sei nicht mehr zu überbieten, sieht sich leider getäuscht», erklärte die Abgeordnete Kerstin Köditz am Donnerstag in Dresden. Sie warf Ausschusschef Patrick Schreiber (CDU) vor, eine vorläufige Sperrung von Akten zur verbotenen Neonazi-Organisation «Blood & Honour» verfügt zu haben.

Schreiber wies die Vorwürfe als «hanebüchen» zurück. Nach seiner Darstellung hatte der Untersuchungsausschuss aus dem Innenministerium Akten zu «Blood & Honour» erhalten, die auch Angaben zu Quellen aus anderen Bundesländern enthielten. Als die Akten bereits im Ausschuss waren, habe Rheinland-Pfalz dann aus Gründen des Quellenschutzes um Schwärzung von Passagen gebeten, was wiederum nur im Innenministerium geschehen könne.

Da über eine Rücksendung der Akten an das Ministerium nur der U-Ausschuss befinden kann, habe er die Akten bis zur nächsten Sitzung am 17. September gesperrt. «Ich bin damit einem Rat des Juristischen Dienstes im Landtag gefolgt», sagte Schreiber der Nachrichtenagentur dpa. Köditz wolle mit solchen Vorwürfen offenbar nur in die Schlagzeilen kommen.

«Es ist nicht hinnehmbar, dass zentrale Akten bis zu diesem Zeitpunkt gesperrt werden», hatte Köditz argumentiert. Schreiber zufolge ist bei den Ausschussmitgliedern fraktionsübergreifend der «Drang, in den Akten zu lesen, begrenzt.» Köditz habe allerdings wiederholt Akten angefordert. Die Linke-Politikerin griff Schreiber direkt an. «Wenn die CDU weiterhin versucht, die Arbeit des Untersuchungsgremiums zu blockieren und zu sabotieren, werden wir Mittel und Wege finden, genau dies zu verhindern. Inzwischen stellt sich uns die Frage, ob Herr Schreiber willens und fähig ist, die Aufgabe aus Ausschussvorsitzender zu bewältigen», sagte Köditz.

Der U-Ausschuss soll mögliche Versäumnisse der Landesregierung und ihr unterstellter Behörden bei der Fahndung nach der Terrorzelle NSU beleuchten. Den toten Terroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos sowie ihrer mutmaßlichen Komplizin Beate Zschäpe werden zehn Morde und weitere Straftaten zur Last gelegt. Das aus Jena stammende Trio war Anfang 1998 untergetaucht und lebte danach jahrelang unentdeckt in Zwickau, erst im November 2011 flog es auf. Der U-Ausschuss wurde im März gegen den Willen der CDU/FDP-Koalition eingesetzt. Auch im Bundestag und im Thüringer Landtag gibt es U-Ausschüsse zum NSU.

Autor: Jörg Schurig

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