Karl Nolle, MdL
sueddeutsche.de, 13:35 Uhr, 11.09.2012
MAD verschwieg Mundlos-Akte: Heimlichtuerisch, peinlich, unverschämt
Die Aktenschredderei beim Verfassungsschutz war nur der Anfang. Bundesregierung und Sicherheitsbehörden haben das Parlament hingehalten und erst spät Informationen über den NSU-Terroristen Uwe Mundlos preisgegeben. Das nährt den Verdacht, dass die Dimensionen des Behördenversagens noch viel größer sind als angenommen.
Sie haben es noch immer nicht begriffen. Bundesregierung und Sicherheitsbehörden haben den Untersuchungsausschuss des Parlaments ein halbes Jahr hingehalten und erst jetzt Informationen über eine alte MAD-Akte des NSU-Terroristen Uwe Mundlos preisgegeben. Eine Unverschämtheit gegenüber dem Parlament. Der Militärische Abschirmdienst muss sich nicht wundern, wenn die Rufe, ihn abzuschaffen, immer lauter werden.
Die Aktenschredderei beim Verfassungsschutz war also nur der Anfang. In den Behörden hat man nicht verstanden, dass sie dem Ausschuss des Bundestags endlich alles offenlegen müssen, was sie haben und was sie wissen. Die Exekutive versucht sich auf peinliche Weise, der Kontrolle durch das Parlament zu entziehen.
Es ist Zeit, die zuständigen Minister und Behördenchefs daran zu erinnern, wer wirklich über Macht verfügt: Sie geht immer noch vom Volke aus. Und die Abgeordneten des Untersuchungsausschusses verstehen sich glücklicherweise über alle Fraktionen hinweg als echte Repräsentanten der Bürger. Es ist gut, dass sie sich jetzt nicht spalten lassen. Mit vereinten Kräften hat der Ausschuss schon vieles ans Licht gebracht. Das sind sie auch den Angehörigen der Opfer schuldig, die von den Neonazis des NSU ermordet wurden.
Ob in den vorenthaltenen und zu großen Teilen bereits vernichteten, alten MAD-Akten Sensationelles stand, ist noch unklar. Vermutlich nicht. Es geht um die Frühphase von Mundlos' schrecklicher Neonazi-Karriere, um seine Wehrdienstzeit in den Jahren 1994/95.
Aber jede Heimlichtuerei nährt den Verdacht, dass da noch viel mehr drin stand, als nur ein paar Hinweise auf Skin-Musik. Dass die Dimensionen des Behördenversagens noch viel größer sind als angenommen. Auch deshalb ist die schleppende Informationspolitik der "Nachrichtendienste", die ihrem Namen mal wieder keine Ehre machen, ein schwerer Schlag für alle, die ernsthaft aufklären wollen.
Und es wirft auch kein gutes Licht auf den Innen- und den Verteidigungsminister.
Ein Kommentar von Tanjev Schultz