Karl Nolle, MdL
MDR Online, 14.05.2001
Neue Vorwürfe gegen die Eheleute Biedenkopf
Kostenlose Fahrt?
DRESDEN. Sachsens Ministerpräsident Biedenkopf sieht sich neuen Vorwürfen ausgesetzt. "Der Spiegel" berichtet über einen Gratis-Aufenthalt auf einer Luxus-Jacht in Monte Carlo im September 1999, die einem befreundeten bayerischen Bauunternehmer gehöre. Zuvor hatte sich Biedenkopf nach Angaben des Magazins für die geschäftlichen Interessen des Unternehmers gesetzt. Biedenkopf wies die Vorwürfe zurück und erklärte, er schließe juristische Schritte gegen das Magazin nicht aus.
Unterdessen kamen am Sonntag wieder Spekulationen über die Nachfolge des 71jährigen Politikers auf. Nach Ansicht des früheren sächsischen Innenministers Eggert soll ein Sonderparteitag der CDU darüber entscheiden. Das sei notwendig, "damit die demokratischen Prinzipien nicht außer Kraft gesetzt werden", sagte Biedenkopfs CDU-Parteifreund der Tageszeitung "Die Welt". Es gehe ihm um "das grundsätzliche Procedere, nicht um einen konkreten Termin", fügte Eggert auf Nachfrage der Nachrichtenagentur DPA hinzu.
"Das wird durchgestanden"
Hintergrund für Eggerts Äußerungen ist ein Beitrag in der "Welt am Sonntag". Darin hatte Biedenkopf ein weiteres Mal seinen Rückzug aus dem Amt des Ministerpräsidenten für das Jahr 2003 angekündigt und mögliche Nachfolger ins Spiel gebracht. "Ich habe nach meiner Wiederwahl sechs Minister unter 50 in mein Kabinett berufen. Aus meiner Sicht kommt jeder von denen als Nachfolger in Betracht", wurde Biedenkopf zitiert. Einen früheren Rücktritt lehnte er ab: "Die Brocken hinschmeißen - das steht nicht zur Debatte. Das wird jetzt durchgestanden."
Nach den Worten Biedenkopfs hat es sich bei der so genannten Jacht-Affäre um eine Privatreise mit seiner Frau gehandelt. Andere Darstellungen seien erlogen. Im Grunde sei er gegen solche Anschuldigen machtlos. Im vorliegenden Fall wolle er aber juristische Schritte nicht ausschließen. Zuvor hatte Regierungssprecher Sagurna den kostenlosen Aufenthalt von Biedenkopf und dessen Frau Ingrid bestätigt. Eine Verbindung zwischen der privaten Reise und den Geschäften des Unternehmers herzustellen, sei jedoch "lächerlich". Biedenkopf könne wohl bei einem Freund ein paar Tage verbringen.
Zugleich bestätigte Sagurna, dass der Geschäftsmann in Sachsen investiert habe. Nach dem Bericht des Magazins ist Max W. Schlereth seit 1990 im Immobiliengeschäft aktiv. Unter anderem habe eine seiner Firmen Land in der Nähe des Dresdner Flughafens gekauft. Als es Anfang der 90er Jahre zu rechtlichen Auseinandersetzungen um das Grundstücksgeschäft gekommen sei, habe sich Biedenkopf für Schlereth eingesetzt.
PDS will Miet-Affäre klären
Bei den Anschuldigungen gegen Biedenkopf im Zusammenhang mit seiner Wohnung im Gästehaus der Regierung verlangt die PDS erneut Aufklärung. Biedenkopf wird unter anderem vorgeworfen, auf den Mietvertrag Einfluss genommen zu haben. Er bestreitet das. Nach einem "Focus"-Bericht hat Sachsens Staatskanzlei aber eingeräumt, dass Ehefrau Ingrid intervenierte, um eine günstigere Miete zu erreichen. Die "Bild am Sonntag" berichtete, gegen den Ministerpräsidenten und seine Frau lägen der Staatsanwaltschaft Dresden zwei Strafanzeigen vor. Diese sollen sich auf die Mietaffäre beziehen, mit der Biedenkopf seit Wochen unter Druck gesetzt wird. Laut Staatsanwaltschaft ermittelt die Behörde derzeit noch nicht, es werde aber geprüft, ob ein Anfangsverdacht besteht.