Karl Nolle, MdL

Landtagsfraktion DIE LINKE , Kerstin Köditz MdL, 13.10.2012

Köditz: "Der sächsische Innenminister hat wohl die Gremien des Landtages, bis zum „Vorläufigen Abschlussbericht“, bewusst und dauerhaft falsch informiert."

 
Zur heutigen Meldung in der Tageszeitung „Die Welt“ über Abhörmaßnahmen gegen den dreiköpfigen Kern des NSU und vier seiner Unterstützer sowie deren Begründung erklärt Kerstin Köditz, Obfrau der Linken im NSU-Untersuchungsausschuss:

Die offenbar auf Aktenkenntnis beruhenden detaillierten Darstellungen in der „Welt“ lassen eigentlich nur zwei mögliche Schlussfolgerungen zu, die für das Innenministerium gleichermaßen peinlich wären und wohl nicht ohne personelle Konsequenzen bleiben können. Entweder hat der Innenminister alle zuständigen Gremien des Landtages, bis hin zu seinem „Vorläufigen Abschlussbericht“, bewusst und dauerhaft falsch informiert, denn die offizielle Aussage lautete stets, dass die Behörden nach 2002 keinerlei Informationen über die drei Flüchtigen und deren Umfeld hatten. Oder aber das Innenministerium hat bewusst über einen sehr langen Zeitraum die G 10-Kommission des Landtages, die für die Kontrolle von Abhörmaßnahmen zuständig ist, getäuscht.

Ich stelle fest, dass das Trio zum Zeitpunkt der Einleitung der Abhörmaßnahmen nicht wegen terroristischer Aktivitäten gesucht wurde. Genau dies wurde jedoch als Begründung angegeben. Ich stelle weiterhin fest, dass die sächsischen Behörden bis mindestens Ende 2011 behauptet haben, keine oder nur sehr fragmentarische Kenntnisse über einzelne Abgehörte, z.B. die Beschuldigte Mandy S., zu verfügen. Auch der „Vorläufige Abschlussbericht“ von Innenminister Markus Ulbig liefert keine Indizien für einen Gruppenzusammenhang zwischen den damals Abgehörten oder gar das damalige Bestehen einer Vereinigung, die aus diesen Personen bestanden hätte und von der „drohende Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung und den Bestand und die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines Bundeslandes“ ausgingen. Dies macht allerdings das Gesetz zur Voraussetzung für die Genehmigung von Abhörmaßnahmen. Auch die bisherigen Ermittlungen des Generalbundesanwalts bieten meines Wissens keine Erkenntnisse in dieser Richtung.

Die Linksfraktion erwartet deshalb in der Plenarsitzung des Landtages in der kommenden Woche eine Erklärung des Innenministers zu diesem Vorgang, in der er den im Raum stehenden Verdacht entweder widerlegt oder seine bisherigen Darstellungen ergänzt und erklärt. Sollte sich herausstellen, dass die G 10-Kommission durch falsche Angaben getäuscht worden sind, um die Zustimmung zum Eingriff in Grundrechte zur erlangen, kann dies eigentlich nur in der Dienstentfernung des oder der Verantwortlichen münden. Auf jeden Fall werden wir im Untersuchungsausschuss am 19. Oktober beantragen, die Vernehmung des oder der verantwortlichen Beamten vorzuziehen.

Kerstin Köditz, MdL