Karl Nolle, MdL
Freie Presse Chemnitz, 11.04.2013
Ex-Geheimdienstler Boos verteidigt sich
Reinhard Boos stand dem Untersuchungsausschuss zur „Sachsensumpf“-Affäre gestern sechs Stunden lang Rede und Antwort.
Dresden - Mit ihm kam im Sommer 2007 die Wende im „Sachsensumpf“: Als Reinhard Boos Mitte Juni an die Spitze des sächsischen Verfassungsschutzes zurückkehrte, brauchte er nicht lange, um der Affäre, die zuvor wochenlang die halbe Republik in Aufruhr versetzt hatte, einen gänzlich neuen Drall zu geben. Bis Anfang Juli fertigte er damals zusammen mit seinem Vize Olaf Vahrenhold einen „Missstandsbericht“ über Verfehlungen im Verfassungsschutz an. Dieser ließ die zuvor bekannt gewordene Materialsammlung des Nachrichtendienstes über Verbindungen hochrangiger Juristen zum organisierten Verbrechen in neuem Licht erscheinen. Eine Sichtweise, der sich später eine von der Regierung eingesetzte Expertenkommission und auch die Staatsanwaltschaft anschlossen.
Im Untersuchungsausschuss des Landtags verwahrte sich Boos gestern in stundenlanger Befragung gegen Vorwürfe, bei seinem Aufklärungskurs zweifelhafte Methoden angewandt zu haben. Dies hatte zuletzt Ex-Referatsleiterin Simone Skroch behauptet und damit beispielsweise die Umstände gemeint, unter denen ihr Boos am 3. Juli 2007 ein Disziplinarverfahren eröffnet hatte. Wenige Stunden zuvor hatte er zusammen mit dem heutigen Generalstaatsanwalt Klaus Fleischmann seine neuen Erkenntnisse zu „Verstößen“ und „Unregelmäßigkeiten“ im Verfassungsschutz der Öffentlichkeit mitgeteilt.
Einen Zusammenhang zwischen Pressekonferenz und Disziplinarverfügung schloss der 56-Jährige kategorisch aus. Er habe damals „versucht, alles zu machen, um die Aufklärung weiter voranzutreiben“, antwortete er SPD-Obmann Karl Nolle. Dabei bezog sich Boos auf die Begegnung mit der körperlich angeschlagenen Skroch im Ruheraum des Landesamtes an jenem 3. Juli. An dieses Treffen haben beide höchst unterschiedliche Erinnerungen.
Skroch sprach von einer „peinlichen Befragung“ und warf Boos und dem damals ebenfalls anwesenden Vahrenhold per Strafanzeige Körperverletzung im Amt und Nötigung vor. Das Verfahren wurde später eingestellt, ohne dass Boos dazu als Beschuldigter vernommen wurde. Er gab nun an, dass die für Skroch herbeigerufenen Rettungssanitäter ihm ausdrücklich erlaubt hätten, ihr auch „Unangenehmes“ mitzuteilen. In den Protokollen der Sanitäter lese sich das aber ganz anders, hielt ihm der Grüne Johannes Lichdi vor.
Von Tino Moritz