Karl Nolle, MdL
Freie Presse Chemnitz, 22.09.2014
Weil Sachsens Grüne gerade auf dem Holzweg sind - Kommentar von Torsten Kleditzsch
Liebe Grüne, ich hoffe, ich irre mich. Aber ich fürchte, in fünf Jahren muss sich kein Grüner mehr Gedanken machen, ob er vielleicht mitregieren will. Es wird keinen interessieren.
Warum? Weil Sachsens Grüne gerade auf dem Holzweg sind. Und weil sie unterwegs noch Antje Hermenau verloren haben. Das ist nicht irgendwer, der jetzt fehlt. Sondern jemand, der Kreuz und Schnauze hat, Kompetenz und Ausstrahlung. Politiker dieser Art sind selten. Und jede Partei, die einen davon verliert, wird ärmer. Hermenau zieht sich aus der aktiven Politik zurück, weil sie in ihrer Partei keinen Rückhalt mehr spürt, weil sie die Nase voll hat von Opposition, lieber Ministerin geworden wäre und sich sicher ist, dass die Grünen falsch liegen. Das lässt sich nachvollziehen.
Zu einem Zeitpunkt, da dem linken Lager in Deutschland gerade die Perspektiven abhandenkommen, weil der Wähler die SPD schrumpft, verpassen die sächsischen Grünen die Chance, sich aus diesem Tal der Tränen zu befreien. Wenn sich die Mitglieder links fühlen, von mir aus. Wenn man in der Oppositionsrolle besser schlafen kann, gut so. Wenn man aber etwas verändern will, dann war das grundfalsch. Denn das Wählerreservoir der Grünen liegt nicht links von SPD und Linker, sondern links von der CDU. Dort sind die, die außerhalb der Studentenviertel nach Alternativen suchen, nach Politik, die nachhaltig ist. Dort sind auch die, die sich das leisten können. Die, denen eine weitsichtige Finanzpolitik genauso wichtig ist wie Liberalität und der Erhalt unser natürlichen Lebensgrundlagen.
Wie die Grünen statt dessen als drittgrößte Oppositionspartei in Sachsen Profil gewinnen wollen, bleibt ihr Geheimnis. Antje Hermenau jedenfalls steht nicht mehr bereit, um die Regierung herauszufordern. Sie wurde ernst genommen, auch vom Gegner. Man darf gespannt sein, wem das aus der neuen Führungsriege gelingt. Nach Berlin sollte er nicht schauen, um sich zu orientieren. Denn auf Bundesebene ringen die Grünen ebenfalls mit der Bedeutungslosigkeit. Winfried Kretschmann, Baden-Württembergs Ministerpräsident, ist der einzige Grüne, der derzeit Einfluss hat. Ein Realist, bereit zum sachlichen Kompromiss und parteiinternen Streit. Ein Förderer Antje Hermenaus.