Karl Nolle, MdL

Frankfurter Rundschau Online, 17.05.2001

Biedenkopf sieht Schröder als Drahtzieher gegen ihn

Abwahl gescheitert
 
DRESDEN. Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf vermutet offenbar die Berliner SPD-Zentrale und Bundeskanzler Gerhard Schröder als Urheber einer Kampagne gegen ihn. Im Dresdner Landtag scheiterte die PDS-Fraktion am Mittwoch erwartungsgemäß mit einem Abwahlantrag gegen Biedenkopf. Derweil nahm nach Altbundespräsident Richard von Weizsäcker auch Bundestags-Vizepräsidentin Antje Vollmer (Grüne) Biedenkopf in Schutz.

CDU-Fraktionschef Fritz Hähle berichtete am Mittag, dass Biedenkopf in der Fraktionssitzung am Vormittag angedeutet habe, die SPD-Bundeszentrale stecke hinter der Kampagne gegen ihn. Hähle bestätigte, dass in diesem Zusammenhang der Name des Bundeskanzlers gefallen sei. Der SPD gehe es darum, vor den nächsten Wahlen die CDU zu schwächen. Dies gehe am besten, wenn man auf Persönlichkeiten ziele. Aus der SPD-Zentrale würden die Fäden gezogen, gab Hähle Biedenkopfs Worte wieder.

Staatskanzleichef Georg Brüggen sprach im Landtag von einer "eindeutigen Achse", die bis in die Berliner SPD-Zentrale führe. Mit den Angriffen solle vertuscht werden, dass es mit dem Aufbau Ost nicht zum Besten stehe. Fraktionschef Hähle warf der SPD in der Debatte vor, "verdienstvolle Persönlichkeiten der CDU direkt anzugreifen und mit Unterstellungen und Halbwahrheiten zu Fall zu bringen".

Die PDS warf Biedenkopf einen abgehobenen Regierungsstil vor. Sie forderte den Ministerpräsidenten auf, von selbst zurückzutreten. Die SPD erklärte, sie werde demnächst einen Antrag auf Einrichtung eines Untersuchungsausschusses stellen. Fraktionschef Thomas Jurk appellierte an Biedenkopf, sein Amt niederzulegen und die Nachfolge zu regeln: "Die Ära Biedenkopf ist bereits vorbei." Bei der Abstimmung über die PDS-Rücktrittsforderung stimmte die CDU mit ihrer absoluten Mehrheit erwartungsgemäß dagegen.

Zuvor hatte Sachsens CDU-Vizechef Heinz Eggert den Rücktritt Biedenkopfs gefordert, sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten. Der FR sagte Eggert, entscheidend sei, ob Biedenkopf gelogen habe. Sollte sich herausstellen, dass der Ministerpräsident von einem Brief des Rechnungshofes von 1994 über die Mietverhältnisse im Gästehaus der Landesregierung trotz anderer Erklärungen gewusst habe, wäre ein schneller Rücktritt das Beste.

Rückendeckung erhielt Biedenkopf Agenturen zufolge von Bundestags-Vizepräsidentin Antje Vollmer (Grüne). Sie sprach von einer "Kampagne" gegen den CDU-Politiker und schloss sich einem "mahnenden Zwischenruf" von Ex-Bundespräsident Richard von Weizsäcker an, der die großen Verdienste Biedenkopfs um den Aufbau im Osten gewürdigt hatte. Weizsäcker rief alle Beteiligten auf, "die guten Sitten zu wahren, auf die die Bürger um des menschlichen und demokratischen Vertrauens willen angewiesen sind".

Biedenkopf steht in der Kritik wegen Ungereimtheiten im Zusammenhang mit der Miete für seine Wohnung. Diese befindet sich im Gästehaus der Landesregierung. Ein Untersuchungsbericht der Landesregierung hatte Anfang Mai "Fehlentwicklungen" zu Tage gefördert. Darin war eingeräumt worden, dass Familienangehörige Biedenkopfs kostenlos im Gästehaus logierten, Ingrid Biedenkopf die Fahrbereitschaft des Innenministeriums für ungeklärte Zwecke genutzt hatte und das Ehepaar Personal der Landesregierung "wochenweise" im Urlaub eingesetzt habe.
(Bernhard Honnigfort)