Karl Nolle, MdL
Dresdner Morgenpost, 17.05.2001
Biedenkopf: Kanzler Schröder ist schuld!
Auch Eggert hält Rücktritt Biedenkopfs für möglich
DRESDEN. Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) bläst seine Miet- und Putzfrauen selber weiter auf. Gestern machte er Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) für die Vorwürfe gegen ihn mitverantwortlich. In der Sondersitzung des Landtags blieb er dagegen stumm: Gespannt verfolgte er nur von der Regierungsbank, wie ihn wieder einmal CDU-Fraktions-Chef Fritz Hähle verteidigte. Zuletzt gab es keine Aufforderung zum Rücktritt: Die CDU wies den PDS-Vorstoß geschlossen ab.
Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) bleibt vorerst dran. Die von der PDS formulierte Aufforderung zu seinem Rücktritt wurde gestern in einer Sondersitzung des Landtags mit der kompletten Mehrheit der CDU abgelehnt. So überraschend wie die Debatte war auch das Vorspiel zu der Sitzung.
Biedenkopf machte zunächst einmal Bundeskanzler und SPD-Chef Gerhard Schnöder für die Anschuldigungen der letzten Wochen gegen ihn mitverantwortlich. In der Berliner SPD-Zentrale seien Fäden für die Kampagne gezogen worden, um die CDU bei den nächsten Wahlen zu schwächen, schimpfte er am Vormittag vor der CDU-Fraktion.
Dagegen wies der Stellvertretende CDU-Landesvorsitzende Heinz Eggert Biedenkopf selbst eine Mitschuld zu, weil der Finanzminister Georg Milbradt als „miserabel" abqualifiziert hatte: „Wenn ein Regierungs-Chef sich illoyal verhält, dann brechen auch die Loyalitäten der Untergebenen weg", sagte er in einem Radio-Interview. Eggert empfahl auch einen Rücktritt als „sauberste Lösung", sofern sich die Vorwürfe als richtig erwiesen.
Nervöse Spannung zog durch den Landtag, als am Nachmittag die Sondersitzung begann. Die Zuhörertribüne war überfüllt. Über ein Dutzend Fernsehkameras zeichneten das Ge-schehen auf. In den Reihen der CDU herrschte fast ängstliche Stille, als PDS-Fraktions-Chef Peter Forsch als Erster das Wort ergriff.
Der begründete die Rücktrittsaufforderung damit, dass Biedenkopf „in eklatanter Weise Regierungsfähigkeit verloren" habe. Seit Wochen sei es ihm nicht einmal gelungen, „die Provinzposse um Ihre Mietsache" zu beenden.
Thomas Jurk, der Vorsitzende der SPD-Fraktion, brachte es fertig, in seiner Anklagerede nicht ein einziges Mal von Miete oder Putzfrau zu sprechen. Biedenkopfs Ära sei vorbei, und seine westdeutschen Konzepte zum Wirtschaftsaufbau seien inzwischen überholt.
CDU-Chef Fritz Hähle wies den PDS-Antrag als „untauglichen Versuch" zurück, den Rücktritt des Ministerpräsidenten zu erreichen. „Wir stehen zu Biedenkopf"', versi-cherte Hähle und warf der PDS ein „großes Täuschungsmanöver" vor.
Gleich nach der Sitzung stellte die PDS klar, dass sie weiter bohren will. Porsch kündigte Gespräche zu einem konstruktiven Misstrauensvotum an. Dazu solle eine „integre, über die Parteigrenzen hinaus geachtete Persönlichkeit" als Alternative zu Biedenkopf gesucht werden.
(Stefan Rössel)