Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 07.09.2000

"Nach Polen für nur 4,23 Mark"

Eine Stellenofferte im Computer des Arbeitsamtes Bautzen
 
Erst Bayern, jetzt Polen. Die Bemühungen des Arbeitsamtes Bautzen lassen Karl Nolle keine Ruhe. Kürzlich wetterte der wirtschaftspolitische Sprecher der sächsischen SPD-Landtagsfraktion gegen die Vermittlung von Lausitzern in den Raum Freising bei München. "Die Lausitz blutet aus", mahnte der Sozialdemokrat. Jetzt erhielt Karl Nolle "Berichte aus der Lausitz, nach denen das Arbeitsamt Bautzen Arbeitslose für 4,23 Mark nach Polen vermittelt".
In der Tat wurde im Stellencomputer des Bautzener Amtes genau eine solche Offerte zum Stundenlohn von acht Zloty ausgewiesen. Wurde - denn inzwischen haben die Bautzener Arbeitsvermittler die Stelle wieder aus dem Angebot genommen. "Wer die Stelle haben will, bekommt sie", sagt Behördensprecherin Grit Arndt. "Aber wir vermitteln niemanden gezielt nach Polen." In Richtung Osten ist also keine Massen-Abwanderung zu befürchten - und gen Westen? Mehr als 7 000 Lausitzer pendeln schon heute zu Jobs außerhalb der Region, ohne dass die Behörden in Bautzen und Freising ihre Hände im Spiel haben. Die gemeinsame Aktion dieser beiden Arbeitsämter brachte bisher acht Lausitzern einen neuen Job. 40 testen gerade die dortigen Bedingungen und lassen sich selbst testen. Bis Jahresende könnte ihre Zahl vielleicht auf 120 bis 150 steigen, hofft Klaus-Peter Hansen, in Bautzen zuständig für Arbeitsvermittlung und Arbeitsverwaltung. "Warum sollen die Leute arbeitslos hier bleiben, während sie dort händeringend gesucht werden", wirbt Hansen um Verständnis. Am Dienstag unterschrieb er den ersten Bewilligungsbescheid über 5 000 Mark. Die so genannte Mobilitätshilfe soll einem der acht Neu-Bayern den Start im Raum Freising erleichtern.
(von Tilo Berger)