Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 02.06.2001
Hilf, Lamu, hilf!
Sächsisch betrachtet, Glosse von Gunnar Saft
KURT Biedenkopf kann machen, was er will, zur Zeit geht alles schief. Als er vorrechnen ließ, dass seine Hemden nur 4,5 Stunden pro Woche gebügelt werden müssen, erntete er Grinsen. Als er 110 000 Mark Miete für ein Zimmer im eigenen Ferienhaus verlangte, in dem seine Leibwächter wohnen, brach öffentlich Gelächter aus. Was also tun?
DIE Lösung ist schlicht und heißt Ingrid Biedenkopf. Von der Erfinderin des kategorischen Plurals ("Wir sind Ministerpräsident geworden!") sollte er sich zügig abschauen wie Krisenmanagement funktioniert. Als kürzlich bekannt wurde, dass Frau Biedenkopf im September 1997 mit zwei Enkeln per Polizeihubschrauber kostenlos von Dresden nach Hof flog, blieb die Landesmutter gelassen. Alles in Ordnung, hieß es, das Fluggerät hätte ohnehin nach Hof gemusst, um den Gatten abzuholen. Und dass die Enkel ihren Opa mal auf Arbeit besuchen, ist doch noch erlaubt, oder? Fall erledigt.
ABER auch delikate Dinge, weiß die Lamu bestens auszusitzen. Ob es stimme, dass Bedienstete ihr das Badewasser einlassen müssen und dass es deshalb bereits Beschwerden durch das Schevenstraßen-Personal gegeben hat, wollte ein stets gut informierter Journalist jetzt vom Regierungssprecher wissen? Der hatte keine Antwort parat. Frau Biedenkopf bis heute auch nicht. Und nach Pfingsten ist das Badewasser längst wieder kalt.
GANZ anders dagegen der Fall Karl Nolle. Dort reagierte die Landesmutter prompt. Der SPD-Abgeordnete, der Kurt Biedenkopf seit Wochen mit medialen Stinkbomben ärgert, zielte kürzlich auch auf dessen Gattin und bezichtigte sie ausgerechnet im PDS-nahen "Neuen Deutschland" der unerlaubten Investoren-Hilfe. Ingrid zwang das Blatt diese Woche zu einer 1a-Gegendarstellung. Jetzt wissen ND und Nolle, wen man ärgern darf und wen nicht.
WIE gut es läuft, wenn seine Frau in der Nähe ist, bewies Biedenkopf am Donnerstag bei der "Johannes- B.-Kerner-Show". Während ihm die anwesende Gattin vor einem Millionen-Publikum die Daumen drückte, erzählte der Premier locker, dass Helmut Kohl und er ja jetzt über 70 und versöhnt seien. Bei der Neuigkeit dürfte bald kein Journalist mehr über die Gästehaus-Affäre schreiben. Kurt und Helmut müssen jetzt nur noch zusammen Sommerferien am Chiemsee machen. Ingrid könnte sich dann um alles kümmern und beiden selbst gemachte Plätzchen servieren. Noch besser: Koch und Putzfrau hätten in dieser Zeit frei.
(Von Gunnar Saft)