Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 02.06.2001

Ende einer Gespensterdebatte: PDS entschuldigt sich bei Leipzigs Ex-OB

Lehmann-Grube will von einer Gegenkandidatur zu Ministerpräsident Biedenkopf nichts wissen / Kontroverse um Nachzahlungen verschärft sich / Giesen-Papier belastet Staatskanzlei
 
Dresden. Es kam, wie es kommen musste: Gestern wollten der Biedenkopf-Herausforderer wider Willen, Leipzigs Ex-Oberbürgermeister Hinrich Lehmann-Grube (SPD), und PDS-Fraktionschef Peter Porsch zum Thema Gegenkandidatur konferieren, dann kam das definitive Ende der Gespensterdebatte. Porsch habe sich bei ihm dafür entschuldigt, dass er ihn ungefragt ins Gespräch gebracht habe, ließ Lehmann-Grube verbreiten. Er selbst könne nur das wiederholen, was er bereits am Donnerstag gesagt habe:"Eine Kandidatur für das Amt des Ministerpräsidenten kommt für mich nicht in Betracht".

Damit ist der Streit zwischen SPD und PDS um ein konstruktives Misstrauensvotum zur Abwahl von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) zwar entschärft, wirklich beigelegt ist er nicht. Hintergrund der vermeintlichen Kandidatur von Lehmann-Grube ist das Gerangel um die Lufthoheit in der Opposition. Denn die Zehn-Prozent-Partei SPD hatte beim Angriff auf Biedenkopf und seine Misere im Gästehaus die Nase zuweilen vorn. Porsch dagegen will die PDS als zweite Kraft und sich als Oppositionsführer etablieren. Hier kam ihm Lehmann-Grube offensichtlich gerade recht. Entsprechend gereizt reagierte die SPD. Porsch veranstalte ein "Kasperle-Theater", meinte Fraktionschef Thomas Jurk, wenn die PDS Biedenkopf per Misstrauensvotum abwählen wolle, dann mit einem eigenen Kandidaten - und nicht mit einem SPD-Mann.

Unterdessen hat sich die Kontroverse zwischen dem Landesrechnungshof und der Staatsregierung um die Höhe der Nachzahlungen von Biedenkopf verschärft. Die Berechnungen der Regierung seien "nicht ganz realistisch", sagte Rechnungshofpräsident Hans-Günter Koehn unserer Zeitung; jene vom Regierungschef akzeptierten 98000 Mark für Privateinsätze des Servicepersonals im Gästehaus seien eindeutig "zu niedrig". Zwar wollte sich Koehn nicht auf eine konkrete Summe festlegen, aber "es müssten schon mehrere hunderttausend Mark sein". Darüber hinaus kritisierte der Rechnungshofpräsident den zukünftigen Quadratmeterpreis von 12,23 Mark im Gästehaus und die Tatsache, dass das Arbeitszimmer von Biedenkopf bei der Miete weiterhin herausgerechnet werden soll.

Unterdessen hat ein Bericht von Sachsens Datenschutzbeauftragtem die Staatskanzlei belastet. Wie Thomas Giesen in einer Unterrichtung für den Landtag in Reaktion auf Vorwürfe des Rechnungshofs feststellte, hätte die Staatskanzlei die Finanzbehörde über Einkünfte und Zuwendungen an den Ministerpräsidenten informieren müssen. Die Staatskanzlei hätte sich um Wohnungsgröße, Gästeverzeichnis und private Nutzung von Bediensteten selbst kümmern müssen. Diese Daten hätten nicht vom Finanzministerium erhoben werden dürfen. Von Biedenkopf und der Staatkanzlei wird dagegen immer wieder auf die Zuständigkeit des Finanzministeriums verwiesen.
(Jürgen Kochinke/I.P.)