Karl Nolle, MdL

BILD-Zeitung Dresden, 05.06.2001

Dresdner Professor: Biko muss abtreten

.. sonst ruiniert er Sachsens CDU
 
DRESDEN. Unter der Regentschaft von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (71) ist Sachsens CDU zum Fanclub eines Volksmonarchen geworden. Freiwillig, weil Stimmen für die CDU oft nur Stimmen für Biedenkopf waren.

Jetzt sieht das anders aus. Verärgert erfuhren die -Wähler, dass sich das Gästehaus der Staatsregierung als öffentlich finanzierte Privatresidenz entpuppt. Und im Landtag glauben nicht mehr alle, dass Biedenkopf im nächsten Wahlkampf noch ein Zugpferd sein wird.
Darum wünschen viele seinen Abschied - durchaus in Ehren, aber mit Amtsübergabe an einen profilierten Nachfolger.

Die Hofhaltung im Gästehaus, die vorgeworfene Vermengung von Amtsautorität und Privatinteressen (staatliche Anmietung von Bauobjekten aus Freundeshand), die in der Verfassung nicht vorgesehene Machtstellung der Ehefrau: Das alles sind keine Bagatellen.
Schlimmer noch: Sachsen wird seit Monaten nicht mehr regiert, hat Einfluss verloren. Im Landtag stützt die CDU eine Regierung, der ihr Machtzentrum abhanden kam. Ideal nur für die Opposition.

Die CDU muss wieder selbst Politik gestalten: Biedenkopfs erfolgreiche Politik weiterführen, sich aber auch als Sachwalterin sozialer Gerechtigkeit und der kleinen Leute profilieren. Dafür braucht sie starke, erfahrene Führung, darf nicht Rachewerkzeug eines grollenden Ministerpräsidenten sein.

Ein rascher Abschied in Ehren - das wäre für alle das beste. Wohl müsste sich Biedenkopf einen ziemlichen Ruck geben, um seinem natürlichen Nachfolger, dem langjährigen Finanzminister Georg Milbradt, den Weg über den Parteivorsitz in die Staatskanzlei gehen zu lassen.
Würde ihm der alte Monarch die Hand reichen, so wäre die CDU rasch befriedet, könnte neues Leben gewinnen. Zögert Biedenkopf den Abschied aber hinaus, wird er die Residenz durch die Hintertür verlassen müssen - oder seinen Endsieg über Georg Milbradt auf den Trümmern der sächsischen CDU feiern.

(Werner J. Patzelt)
Der Autor (47) ist Professor für Politikwissenschaft an der TU Dresden und Mitglied der CDU. Prof. Dr. Werner 7. Patzen von der technischen Universität -Dresden fordert Kurt Biedenkopfs Rücktritt.