Karl Nolle, MdL
Frankfurter Rundschau, 06.06.2001
Biedenkopfs ziehen nach Radebeul
Sachsens Ministerpräsident gibt umstrittene Wohnung in Dresdner Gästehaus auf
Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf will die Koffer packen und umziehen. Die Dresdner Staatskanzlei bestätigte einen Zeitungsbericht, wonach Biedenkopf aus dem Gästehaus der Landesregierung im Villenstadtteil Loschwitz in eine Wohnung im Vorort Radebeul ziehen werde.
DRESDEN, 6. Juni. Die neue Biedenkopf-Wohnung gehört dem Vernehmen nach dem Multimilliardär und Chef der Tengelmann-Gruppe Erivan Haub. Sie liege in einer prächtigen Villa am Radebeuler Lößnitzhang und sei bereits mit Sicherheitstechnik ausgestattet. Zu Details äußerte sich die Staatskanzlei nicht, dementierte jedoch auch nichts. In einer zweiten Wohnung in der Tengelmann-Villa sollen Sicherheitsbeamte untergebracht werden. Ein genaues Umzugsdatum steht noch nicht fest. In Regierungskreisen rechnet man allerdings damit, dass noch im Sommer die Möbelpacker anrücken werden.
Biedenkopf war in den vergangenen Monaten wegen einer Billigmiete für seine Dienstwohnung im Gästehaus und wegen der Privatnutzung von Personal und Dienstwagen in die Kritik geraten. Das Finanzministerium hatte ihn aufgefordert, rund 120 000 Mark Nachzahlung zu leisten: Etwa 97 000 Mark dafür, dass er den Koch und anderes Personal auch in seinem Privathaus am Chiemsee eingespannt hatte. 22 000 Mark für Privatfahrten, die Ehefrau Ingrid mit Dienstwagen unternommen hatte. Der Landesrechnungshof und der Bund der Steuerzahler halten hingegen weit höhere Nachzahlungen für angemessen. Die PDS fordert nach Biedenkopfs Auszug die Auflösung des Landesgästehauses in der Schevenstraße wegen fehlender Wirtschaftlichkeit.
Die Illustrierte Stern berichtet in ihrer neuesten Ausgabe, Biedenkopf sei mehrfach kostenlos im Privatflugzeug des Kölner Bauunternehmers Heinz Barth mitgeflogen. Barth ist ein alter Freund Biedenkopfs. In Leipzig baute Barth Anfang der neunziger Jahre ein Bürozentrum, in das auf Biedenkopfs Betreiben mehrere Landesbehörden einzogen. Ein Untersuchungsausschuss des Landtages widmet sich seit Monaten dem Fall. Der Rechnungshof hatte bereits vor fünf Jahren die Anmietung von zu viel Flächen in Barths Bürozentrum durch das Land kritisiert.
Die Dresdner Staatskanzlei bestätigte, dass Biedenkopf mehrmals kostenlos mit Barth geflogen sei. Diese Flüge hätten in einer Liste gestanden, die Biedenkopf vor einem Jahr veröffentlicht hatte. Der Bericht des Stern enthalte nichts Neues.
(Von Bernhard Honnigfort)