Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 12.06.2001

Roßberg räumt in der Äußeren Neustadt ab

PDS plant Auftritt mit Gregor Gysi
 
DRESDEN. Einen Tag nach der Wahl analysieren die OB-Kandidaten das Ergebnis und rüsten zur zweiten Runde. Nur der virtuelle Kandidat Wolfgang Berghofer schweigt sich wie gewohnt aus.

Bei der CDU war gestern Krisensitzung angesagt. Nach der neuesten Wahl-Analyse konnte Herausforderer Ingolf Roßberg (Bürgerinitiative) das Kopf-an-Kopf-Rennen am Sonntag in 42 von 60 Dresdner Stadtteilen für sich entscheiden. In 13 Stadtteilen - fast alles PDS- und Grünen-Hochburgen - kam er sogar über die 50-Prozent-Marke. Am besten schnitt Roßberg in der Äußeren Neustadt ab, wo trotz Konkurrenz von Friederike Beier (13 Prozent) fast zwei Drittel für ihn stimmten.
Herbert Wagner (CDU) indes schaffte in sechs Stadtteilen die absolute Mehrheit. Der Amtsinhaber konnte vor allem in den eingemeindeten Ortschaften und im eigenen Wohngebiet punkten. In Weixdorf holte er sein Spitzenergebnis von 57,5 Prozent.

"Wir wollen jetzt die Nichtwähler für Wagner mobilisieren", sagt CDU-Wahlkampf-Manager Dietmar Haßler. Mit knapp über 48 Prozent fiel die Wahlbeteiligung so niedrig wie noch nie seit der Wende aus. In der Friedrichstadt machte nicht mal jeder Dritte von seinem Wahlrecht Gebrauch. Zur OB-Wahl 1994 kamen dagegen noch 67, beim zweiten Wahlgang 51 Prozent.

Am Abend beriet der CDU-Kreisausschuss über die zweite Wahlkampf-Runde. "Wir drucken neue Plakate, wollen mit Ständen und Infos präsent sein", sagt Haßler. Mehr könne er noch nicht sagen.

Auch im Roßberg-Lager schmiedete man gestern Pläne, wie das Siegerergebnis gefestigt werden könnte. Die Bürgerinitiative wirbt um weitere Spenden für neue Plakate und Anzeigen. Der Kandidat selbst nahm zwei Wochen Sonderurlaub und zieht nun nochmals durch die Stadt. "Wir basteln an einer großen Abschlussveranstaltung am 22. Juni", sagt Sprecher Dietrich Herrmann. Inhaltlich wolle man mehr herausstellen, dass Roßberg kein Kandidat einer Partei, sondern ein OB für alle sei.

Auch die Unterstützer-Parteien legen Hilfs-Aktionen nach. Die SPD konzentriert sich auf den Straßenwahlkampf, die PDS will Gregor Gysi holen. "Er hat versprochen zu kommen", sagt PDS-Bundestagsabgeordnete Christine Ostrowski.

Das Zünglein an der Wage könnten die anderen Kandidaten sein, die am 24. Juni neben Wagner und Roßberg antreten. 1,5-Prozent-Mann Ronald Galle will auf jeden Fall wieder mit von der Partie sein. "Sonst gäbe es vielleicht keinen, der der Privatisierung städtischer Betriebe entgegensteht", sagt er. Einzelkandidatin Beier möchte morgen verkünden, ob sie für Wagner oder Roßberg zurücktritt oder nicht. "Ich bin die Königsmacherin", sagt sie. Beide Kontrahenten buhlen um Beiers Wählerstimmen, führen erste Verhandlungen mit ihr.

Der große Unbekannte bleibt erneut Wolfgang Berghofer. Der letzte Dresdner SED-OB wollte gestern Spekulationen um eine Kandidatur im zweiten Wahlgang nicht kommentieren. Möglicherweise werde er in den kommenden Tagen eine Erklärung abgeben.


Berghofer muss sich bis morgen entscheiden

Die PDS zumindest, da kann Berghofer sicher gehen, legt inzwischen keinen Wert mehr auf ihn. "Wir brauchen ihn nicht mehr. Die Zeit hat ihn überholt", sagt Ostrowski. "Eine normale Reaktion", meint CDU-Kreischef Dieter Reinfried. "Denn Berghofer würde nicht Wagner, sondern Roßberg die meisten Stimmen kosten." Spätestens morgen 18 Uhr sind die Fronten klar. Bis dahin müssen sich neue Kandidaten im Rathaus erklären.

Wer zum zweiten Wahlgang am 24. Juni verhindert ist, kann seine Stimme schon ab Sonnabend im Wahlbüro in den Ortsämtern oder Ortschaften per Sofort-Briefwahl abgeben. Öffnungszeiten: 16. Juni 8-16 Uhr, 18. Juni bis 22. Juni 8-18 Uhr. Rückfragen im Zentralen Wahlbüro unter Telefon 4 88 11 20.
(Katrin Saft)