Karl Nolle, MdL
DNN, 13.06.2001
Berghofer steigt doch noch in die OB-Wahl ein
PDS: CDU-Manöver / Wagner: Wahlkampfgetöse
DRESDEN. Dresdens letzter SED-Oberbürgermeister Wolfgang Berghofer will im zweiten Durchgang der OB-Wahl am 24. Juni antreten. PDS, SPD und Grüne werteten seine Bewerbung als Wahlhilfe für CDU-Kandidat und Amtsinhaber Herbert Wagner. Der wies den Vorwurf als "Wahlkampfgetöse" zurück.
Im Dresdner Rathaus war gestern kurz vor Dienstschluss gegen 18 Uhr per Fax ein ausgefülltes Bewerbungsformular mit Unterschrift Berghofers eingegangen. Ein Sprecher des Ex-OB und heutigen Unternehmensberaters bestätigte wenig später, dass das Schreiben echt sei.
Um tatsächlich auf dem Stimmzettel zu stehen, muss Berghofer heute bis 18 Uhr 240 Unterstützer ins Rathaus holen. Zunehmend mehr Dresdner hätten ihn zur Kandidatur bewegt, sagte der Sprecher. Berghofer rechne damit, vor allem bisherige Nichtwähler für sich zu mobilisieren. Am Sonntag war über die Hälfte der Stimmberechtigten nicht zur Wahl gegangen.
OB Herbert Wagner mochte Berg-hofers Ambitionen nicht bewerten. "Falls er antritt, wird die Wahlbeteiligung insgesamt natürlich höher sein. Ich kämpfe um jede Stimme", sagte er. Am Wahlabend hatte er erklärt, es sei ihm egal, was Berghofer mache. Ingolf Roßberg, der für die Bürgerinitiative "OB für Dresden" antritt, wollte sich zu Berghofers Bewerbung erst äußern, "wenn er die 240 Unterstützerunterschriften zusammen hat."
Spitzenvertreter aus dem Roßberg-Lager vermuteten einen Wahlschachzug. "Ich gehe davon aus, dass Berghofer von der CDU gekauft ist, um Roßberg zu schaden. Denn gewinnen kann er nicht mehr, zu lange hat er dafür die Dresdner an der Nase herum geführt", sagte PDS-Stadtverbandschef Michael Schrader. Er rufe die PDS-Wähler dazu auf, weiter Roßberg zu wählen. Berghofer galt seit Mai 2000 als möglicher Kandidat und warf vor einem Monat das Handtuch.. Nach eigener Darstellung befürchtete er, als Kandidat der PDS zu gelten.
"Das Phantom meldet sich zum Dienst", sagte SPD-Unterbezirkschefin Marlies Volkmer. "Jetzt ist er offensichtlich von der CDU herbei gerufen worden." Ähnlich äußerte sich der kommunalpolitische Sprecher des Grünen-Stadtverbands, Andreas Jahnel. Die grüne Stadtratsfraktion forderte Wagner dazu auf, Kontakte mit Berghofer offen zu legen und sich von angeblichen Kungeleien bei der Entwicklung des Ostrageheges zu distanzieren. Wagner bezeichnete diese Forderung Rathaussprecher Ulrich Höver zufolge als "Wahlkampfgetöse". Das gelte auch für den Vorwurf, die CDU habe Berghofer zur Kandidatur gebracht.
Erst nach der Wahl kann das Regierungspräsidium als Prüfbehörde klären, ob der Ex-OB als verurteilter Wahlfälscher überhaupt wieder Rathauschef werden dürfte. Er selbst hat diese Rechtsfragen nach eigenen Angaben im Frühjahr prüfen lassen.
(Eig.Ber./sta)