Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 14.06.2001

Beier verzichtet und will Roßberg wählen

333 Dresdner unterschreiben für Berghofer / Student schafft Hürde nicht
 
DRESDEN. Vier Kandidaten kämpfen im zweiten Wahlgang um den OB-Stuhl. Statt Friederike Beier tritt nun Wolfgang Berghofer an.

Großes Kommen und Gehen gestern im Rathaus. Bis 18 Uhr konnten die Dresdner Unterschriften für OB-Kandidaten leisten. Neben Wolfgang Berghofer warb noch ein weiterer Bewerber um Unterstützung: Clemens Lutz, der Urvater der Pussytotal-Bar in der Äußeren Neustadt. "Als Wahldresdner stehe ich für all jene, die keine Stimme im alltäglichen Politikgeschäft haben", sagte der 30-jährige Architekturstudent. Vor allem junge Leute unterzeichneten für ihn. Am Ende jedoch fehlten 95 Sympathisanten.

Wolfgang Berghofer bekam die nötigen 240 Unterschriften schon bis 15 Uhr zusammen. 333 geprüfte Fürsprecher vermeldete das Rathaus am Abend. Sowohl SPD als auch PDS sind sauer über sein plötzliches Erscheinen. "Berghofer soll Ingolf Roßberg aus der komfortablen Pole Position verdrängen", sagt SPD-Landtagsabgeordneter Karl Nolle. "Biedenkopf und Berghofer stehen für Immobilien, Geld und Machterhalt. Da haben sich ein abgehalfterter Ministerpräsident und ein Wahlfälscher zu einer unheiligen Allianz zusammengeschlossen."

CDU-Wahlkampfmanager Dietmar Haßler indes bezeichnet alle Spekulationen über Absprachen zwischen CDU und Berghofer als Unsinn. "Berghofer ist unser Gegner. Es gibt keine Gemeinsamkeiten und auch keine Kontakte zum Kreisvorstand." Mit 2 000 neuen Plakaten und Aktionen über die Ortsverbände will die CDU jetzt mit voller Kraft für Wagner werben. Ab nächste Woche soll jeden Tag ein Partei-Promi zum Straßenwahlkampf auf die Prager Straße raus.

Nicht mehr mit dabei ist die einzige Frau, Friederike Beier. "Ich bin traurig darüber", sagte sie. "Aber ich habe eine Entscheidung getroffen, zu der ich aufrichtig stehen kann." (siehe Interview unten) Die Ärztin tritt im zweiten Wahlgang zugunsten von Ingolf Roßberg zurück.

Vorbehaltlich der heutigen Zustimmung des Wahlausschusses dürften damit am 24. Juni vier Namen auf dem Stimmzettel stehen: Herbert Wagner (CDU), Ingolf Roßberg (Bürgerinitiative), Wolfgang Berghofer (Einzelkandidat) und Ronald Galle (Büso). Politikwissenschaftler Werner Patzelt wagt noch keine Prognose, wie das Rennen ausgeht. "Wenn es Berghofer geschickt anstellt, könnte er vor allem im Lager von Roßberg und den Nichtwählern, teilweise aber auch von Wagner wildern", sagt er. Patzelt, selbst CDU-Mitglied: "Etwas Besseres könnte der Union in ihrer verzweifelten Lage nicht passieren, als dass Berghofer Roßberg die Stimmen abjagt."
(Katrin Saft)