Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 19.06.2001

Nolle zeigt Biedenkopf wegen Untreue an

Eggert hält Vorwürfe für absurd / Probleme bei der Sicherheitsanalyse für Ferienhaus
 
DRESDEN. Der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle hat gestern Strafanzeige gegen Ministerpräsident Kurt Biedenkopf und Ex-Innenminister Heinz Eggert (CDU) wegen des Verdachts auf Untreue gestellt. Durch die Bewachung des Ferienhauses des Ministerpräsidenten am Chiemsee an 365 Tagen im Jahr sei dem Freistaat ein Schaden von vier bis sechs Millionen Mark entstanden, so Nolle.

Der Einsatz sei rechtswidrig, weil nicht Leib und Leben, sondern das Eigentum des Ministerpräsidenten geschützt werde. Dies sei nicht durch das Polizeigesetz gedeckt. Die Staatsanwaltschaft Dresden bestätigte den Eingang der Anzeige.
Die Anzeige stützt sich auf ein Interview in der SZ vom 31. Mai. Eggert hatte darin erklärt, dass Biedenkopf ihm in einem Gespräch 1992 seine Sorge mitgeteilt habe, wenn das Ferienhaus während seiner Abwesenheit unbewacht bliebe. Daraufhin sei ein Gutachten des Landeskriminalamtes in Auftrag gegeben worden, dass eine ganzjährige Bewachung notwendig gemacht habe.

Eggert bestätigte gestern noch einmal diesen Tatbestand. Die Vorwürfe von Nolle bezeichnete er jedoch als absurd. Es sei unerheblich, von wem die Initiative für die Bewachung ausgegangen sei. Denn entscheidend sei die Sicherheitsanalyse der Experten gewesen. Er schloss aus, dass irgendjemand auf die LKA-Beamten Druck ausgeübt habe und ein Gefälligkeitsgutachten abgeliefert wurde. "Auf solche Dinge kann kein Ministerpräsident und kein Innenminister Einfluss nehmen", so Eggert.

Auch der Sprecher des Innenministeriums, Thomas Uslaub, sagte, es sei zutreffend, dass im privaten Ferienhaus des Ministerpräsidenten am Chiemsee seit 1994 Objektschutz rund um die Uhr seinen Dienst verrichte, um das Gebäude zu bewachen.

Nach SZ-Informationen gab es bei der Begründung für die Gefährdung des Ferienhauses Anfang der 90er Jahre jedoch Probleme. Schließlich hatte damals einer der wichtigsten Repräsentanten der Bundesrepublik ebenfalls sein Ferienhaus in dieser Region. Es wurde jedoch nicht bewacht. Auch war den Sicherheitsexperten kein Fall bekannt, bei dem das Ferienhaus eines anderen Ministerpräsidenten das ganze Jahr über bewacht wird. Eine Erklärung, warum die Gefährdung des Hauses von Biedenkopf größer sei, als bei anderen Spitzenpolitikern der Bundesrepublik lehnte Uslaub ab: "Wir geben über Details der Gefährdungsanalyse keine Auskunft."
(Christian Striefler)