Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 19.06.2001

Strafanzeige gegen Biedenkopf und Eggert

Durfte Sachsens Polizei Bikos Villa bewachen?
 
DRESDEN. Der SPD-Landtagsabgeordnete Nolle hat Strafanzeige gegen Ministerpräsident Biedenkopf und den früheren Innenminister Eggert gestellt. Durch die Bewachung von Biedenkopfs Privathaus am Chiemsee sei ein Schaden von vier bis sechs Millionen Mark entstanden.

Für neuen Zündstoff in den Affären von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) sorgt die Bewachung seines Ferienhauses am Chiemsee durch sächsische Polizeibeamte. Der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle stellte deshalb gestern Strafanzeige gegen Biedenkopf und den früheren Innenminister Heinz Eggert (CDU) wegen Verdachts der Untreue.

Auf vier bis sechs Millionen Mark bezifferte Nolle den Schaden für den Freistaat. Das ist eine geschätzte Summe, was die Bewachung des Privathauses seit 1992 durch private Objektschützer gekostet hätte.

Die Bewachung sei „ganz offensichtlich nicht zulässig", erklärte Nolle zur Begründung. Schon der Einsatz sächsischer Beamter in Bayern zu diesem Zweck sei rechtswidrig.

Biedenkopf selbst hatte die Aufmerksamkeit Ende Mai auf den teuren Service gelenkt: Zu den Nachforderungen des Freistaats für Mieten und Personal an ihn hatte er zunächst die Vermietung der Einliegerwohnung in dem Ferienhaus für die sächsischen Wachbeamten als Gegenforderung aufgemacht.

Eggert hatte daraufhin berichtet, Biedenkopf habe sich 1992 verpflichtet, den Wohnraum kostenfrei zur Verfügung zu stellen, wenn die Polizei im Gegenzug 365 Tage im Jahr das Haus bewacht.

Jedenfalls wurde danach eine Gefährdungs-Analyse durch das Landeskriminalamt erstellt. Mit ihr rechtfertigte der Sprecher des Innenministeriums, Thomas Uslaub, gestern die Dauerbewachung, die 1994 begonnen habe. Ob die bayerische Polizei damals gebeten wurde, die Aufgabe zu übernehmen, konnte er gestern nicht klären.

Der Finanzausschuss billigte übrigens gestern mit seiner CDU-Mehrheit die von Biedenkopf geleistete Nachzahlung von 122 800 Mark, mit der die Affären abgeschlossen werden soll. Gleichzeitig wurde der Rechnungshofbericht zum Gästehaus lediglich folgenlos zur Kenntnis genommen. Rechnungshof-Präsident Hans-Günther Koehn bekräftigte seine Ansicht, dass ein Betrag in rund dreifacher Höhe angemessen gewesen wäre.
(Stefan Rössel)