Karl Nolle, MdL
Dresdner Morgenpost, 20.06.2001
Parteien klebten 1 Mio. Mark im Rennen um den OB-Stuhl
DRESDEN versinkt in einer wilden Materialschlacht. Bis in den letzten Winkel der Stadt werden die Bürger mit Wahlwerbung verfolgt. Noch nie haben die Dresdner Parteien für einen kommunalen Wahlkampf so viel Geld ausgegeben. Jetzt wird sogar ihnen das Geld knapp – die Nachwahl treibt jedem Kassenwart Tränen in die Augen. Die Morgenpost verrät Ihnen, was der Sessel des Oberbürgermeisters "kostet".
Stolz präsentieren sich die Kandidaten vor ihren riesigen Plakaten. Erst vor zwei Tagen kleisterte Herbert Wagner höchstpersönlich seinen neuen Slogan „Macher statt Marionetten an die mobile Stellwand. Kostenpunkt: rund 500 Mark für zehn Tage. Etwa 35 Mark am Tag kosten die Plakatwände an Brücken und Häusern.
Auch die „kleinen" Plakate an Straßenschildern und Laternenmasten sind nicht billig. Der Druck kostet pro Stück ein bis zwei Mark, die Pappe noch einmal rund zwei Mark. Wer eine Firma für das Aufhängen engagiert, zahlt natürlich noch einmal für jede Stunde satt drauf.
Knapp eine Million Mark dürften alle Parteien, Initiativen und Kandidaten im Wahlkampf verpulvert haben. Einige davon in jedem Fall vergebens.
Kurz und teuer: Wolfgang Berghofer hat sich zwar den ersten Wahlgang geschenkt, umso mehr klotzt er im zweiten mit Geld. 250 000 Mark will er nach eigenen Angaben ausgeben: „Alles aus meiner eigenen Tasche." Bis gestern war davon im Stadtbild allerdings noch nichts zu sehen. Gegner schmunzeln schon: „Es sind in der Stadt ja auch keine Flächen mehrfrei."
Die SPD setzt in ihrem Wahlkampf mehr auf „billige“ Prominente (Regine Hildebrandt; Franz Müntefering) denn auf teure Plakate. Zwischen 50 000 und 60000 Mark werden dennoch als Kosten kalkuliert. „Das meiste sind Spenden", versichert Wahlmanager Dirk Engelmann. Auch Zuschüsse von der Bundespartei helfen in Zeiten der Materialschlacht.
Der CDU geht das Geld aus. Bis zum ersten Wahl-gang wurden 250000 Mark für Herbert Wagner investiert, jetzt sollen es noch mal rund 80000 Mark sein. CDU- Chef Dieter Reinfried: „Wir mussten einen Kre-dit aufnehmen." 6 000 Plakate sind halt nicht bil-lig. Für die Werbung ist die bekannte (und bestimmt nicht billige) Agentur „Heimrich & Hannot" zu- ständig.
Die PDS lässt sich die Unterstützung von Ingolf Roßberg einiges kosten. Insgesamt sechs verschiedene Plakatmotive (Sicher ist sicher; Wer nicht wählt, wählt Wagner) haben die Genossen entworfen, über 6 000 „zieren" die Straßen über den Wahlkampf verteilt. Kosten: rund, 150 000 Mark. PDS-Chef Michael Schrader: „Geplant waren nur etwa 130000 Mark."
Ingolf Roßberg hat mit der Initiative „OB für Dresden" seine persönlichen Spendensammler. Immerhin reichte es bisher für über 100 000 Mark. Zwar arbeiten allein der Initiative ehrenamtlich, aber Plakate, Büro und Telefon wollen finanziert sein. Selbst das Wahlkampfauto von Roßberg ein schicker Skoda vom Autohaus Rüdiger ist gesponsert.
(Kai Schulz)