Karl Nolle, MdL

DNN, 22.06.2001

Neue Töne aus dem Mund von "König Kurt"

In der Thronfolge setzt Biedenkopf zähneknirschend auf Konsens/Debatte um Mietaffäre
 
DRESDEN. Kurt Biedenkopf (CDU) geht ganz auf Konsenskurs. "Ich bin nicht dafür da, meinen Nachfolger zu bestimmen", sagte der Regierungschef am Mittwochabend beim Wein in trauter Runde. Die Partei sei jetzt am Zuge, das sei gut so. Und dann kam, was selten war in den vergangenen Wochen: Er strebe einen moderaten Übergang an, "gemeinsam, vernünftig und tragfähig". Der Wechsel stehe zwar erst Ende 2002 an, vorbereitet werden müsse er aber schon heute - einvernehmlich, versteht sich.

Das sind neue Töne aus dem Mund von Biedenkopf. Hatte er noch vor Wochen den Kreis der Kandidaten an der Partei vorbei auf sechs jüngere Minister begrenzt, so ist die Gefechtslage jetzt anders. Grund: Am Wochenende hatte der CDU-Landesvorstand für ein offenes Verfahren plädiert. Danach sollen sich alle Kandidaten bis zum 10. August melden, anschließend wird die Basis per Regionalkonferenzen gefragt. Auf dem Parteitag am 15. September wird dann der neue CDU-Vorsitzende gewählt - eine Art Vorentscheidung für den Nachfolger von Biedenkopf.

Für "König Kurt" kam das Wahlprozedere einer kleinen Entmachtung gleich, offiziell passabel findet er es seit Mittwochabend trotzdem. Die sächsische CDU, meinte er gelassen, mache gerade einen "Lernprozess" durch; der sei zwar schmerzhaft, aber durch Konflikte könne man wachsen. Und das Ganze diene auch einem guten Zweck: Nur ein Konsenskandidat sei in der Lage, kraftvoll aufzutreten, könne 2004 der CDU die absolute Mehrheit sichern und Rot-Rot verhindern.

Apropos Rot-Rot: Koalitionen von SPD und PDS im Osten erhöhen laut Biedenkopf die Gefahr des Rechtsextremismus. DVU oder NPD würden die Stimmung an westdeutschen Biertischen für sich nutzen, wohl "mit nicht unerheblichem Erfolg".

Unterdessen ging der Streit um die Mietaffäre von Biedenkopf gestern auch in der letzten Landtagssitzung vor den Ferien weiter. Unter Protest der Opposition versuchte CDU-Fraktionschef Fritz Hähle einen Schlussstrich unter die "ehrabschneidende"Debatte zu ziehen. Die Rechnung sei beglichen, das Thema beendet. Redner von PDS und SPD widersprachen. Am klarsten Karl Nolle (SPD):"Für Unrecht gibt es keine Sommerpause."
(Jürgen Kochinke)