Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 14.05.2001
Biedenkopf ernennt Kronprinzen
Unter dem Druck der Miet-Affäre redet Sachsens Regierungschef über seine Zukunftsplanung / Neue Vorwürfe
DRESDEN. Bislang hatte es Sachsens Regierungschef vermieden, die Namen derer zu nennen, die ihn im Amt beerben könnten. Unter dem Druck immer neuer Vorwürfe ändert er jetzt seine Taktik.
Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) hat am Wochenende erstmals die Namen von CDU-Politikern genannt, die ihm im Amt nachfolgen könnten. Er bekräftigte zugleich in der "Welt am Sonntag", Anfang 2003 abtreten zu wollen. Bis dahin werde die Nachfolge geregelt. Nach Biedenkopfs Meinung könnten Justizminister Manfred Kolbe, Landwirtschafts- und Umweltminister Steffen Flath, Kultusminister Mathias Rößler, Europa-Minister Stanislaw Tillich, Finanzminister Thomas de Maiziére oder der Chef der Staatskanzlei, Georg Brüggen, Ministerpräsident werden. Georg Milbradt, der von Biedenkopf als Finanzminister entlassen wurde, aber in Teilen der CDU-Basis Rückhalt hat, blieb ungenannt. Der stellvertretende CDU-Landeschef Heinz Eggert forderte, über die Nachfolge solle auf einem Sonderparteitag der Sachsen-CDU entschieden werden. Dies sei notwendig, um demokratische Prinzipien nicht außer Kraft zu setzen.
Der Ministerpräsident sieht sich unterdessen neuen Vorwürfen ausgesetzt. "Der Spiegel" berichtete über einen Gratis-Aufenthalt der Biedenkopfs im September 1999 auf der Jacht eines befreundeten Bauunternehmers in Monte Carlo. Zuvor hatte sich Biedenkopf nach Angaben des Magazins für die Interessen des Unternehmers in Sachsen eingesetzt. Biedenkopf wies dies zurück und erklärte, es handle sich um eine Privatreise mit seiner Frau. Die Staatskanzlei musste zudem einräumen, dass Ingrid Biedenkopf Einfluss auf den Inhalt des Mietvertrages der Biedenkopfs im Regierungs-Gästehaus genommen hat, um günstigere Bedingungen zu erreichen, schreibt "Focus". Gegenüber dem Staatlichen Liegenschaftsamt und dem Finanzministerium habe sie "Anregungen zur Gestaltung des Mietzinses formuliert".
(SZ/ddp)