Karl Nolle, MdL
Deutscher Drucker, 15.06.2001
Druck- und Medienvorstufe im stärksten Umbruch
Jahreshauptversammlung Verband Druck und Medien 11. und 12. Mai
Die Jahreshauptversammlung 2001 des Verbandes Druck und Medien in Freyburg/Unstrut am 11. und 12. 5. war eine lebendige Veranstaltung, weil so viele Mitglieder wie noch nie in der elfjährigen Geschichte teilnahmen und die Diskussion intensiv nutzten. Die unbefriedigende gesamtwirtschaftliche Lage im Verbandsgebiet und der technologische Umbruch dominierten die Gespräche.
Trotz teilweiser Besserung der Auftragslage und der Steigerung der Umsätze sind die Probleme der Mitgliedsunternehmen im Verband Druck und Medien Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt e.V. nicht geringer geworden. Das machten die Berichte, Referate und Diskussionen in Freyborg/Unstrut deutlich. 110 Teilnehmer bei 181 Mitgliedsunternehmen demonstrierten das große Interesse an der Verbandsentwicklung.
Mitgliedergewinnung bleibt Schwerpunkt
Verbandsgeschäftsführer Dieter Neumann ging in seinem Bericht auf die Probleme ein, die eine noch größere Wirksamkeit des Verbandes verhindern: »Problem bleibt weiterhin die Mitgliedergewinnung, vor allem größerer Unternehmen. Der geringe Organisationsgrad der ostdeutschen Branche (etwa 20 gegenüber 50 bis 60 % im Westen) zeigt weiterhin Wirkung beim Wettbewerb (Lohndumping, Preisverfall, -kampf), bei der Bewältigung des Strukturwandels, bei der Aus- und Weiterbildung und dem Gehör der Gesetzgeber für die Branche.« Die erstmals eigenständig geführten Tarifverhandlungen für den Osten brachten durch die zeitlich spätere Wirksamkeit eine gewisse Entlastung der Branche. Der Juniorenkreis des Verbandes ist auf Erfolgskurs. Vor etwa drei Jahren mit 15 Mitgliedern begonnen, sind es mittlerweile 40 junge Fachleute. »Was bei den Älteren nicht so klappt - die Werbung bei Kollegenbetrieben für den Verband - funktioniert beim Nachwuchs besser«, freut sich Neumann.
Die Ausbildung von Lehrlingen wird immer mehr zur Frage der Zukunftssicherung des eigenen Unternehmens. Die wirtschaftliche Konjunktur im Westen und das Lohngefälle zwischen Ost und West führen zur verstärkten Abwanderung jüngerer Fachkräfte. Der erreichte Zuwachs im Jahre 1999 von 25% konnte 2000 nicht wiederholt werden. Um dem sich abzeichnenden Facharbeitermangel in den Druckberufen zu begegnen, müssen die Ausbildungsaktivitäten weiter erhöht werden - auch über den eigenen Bedarf hinaus.
Medienvorstufe im stärksten Umbruch
Karl Nolle, Vorsitzender des Verbandes, analysierte die gegenwärtige technologische Veränderung und leitete daraus die Konsequenzen für die Unternehmen der Branche im Verbandsgebiet ab. Er präzisierte: »Im Jahr 2000 sind die Investitionen nach teilweise deutlichen Zuwächsen in den Vorjahren wieder merklich gesunken. Mit einem Investitionsvolumen von 200 Mio. DM erreichte die ostdeutsche Druckindustrie 2000 einen Anteil von 9 % der gesamten Investitionen der deutschen Druckindustrie; der Anteil ist aber immer noch höher als der Umsatzanteil der ostdeutschen Druckindustrie, der knapp 5% beträgt.«
Im Verbandsgebiet war die Geschäftslage 2000 in den Kleinbetrieben etwas besser als 1999; sie erreichte ein befriedigendes Niveau. In den größeren Betrieben war sie besser als 1999 und damit ähnlich zufriedenstellend wie in der westdeutschen Druckindustrie. Aber auch hier hat sich die geschäftliche Situation am Beginn des Jahres 2001 verschlechtert.
Die durchschnittliche Steigerung beziffert Nolle mit etwa 8 bis 10 % bei geringeren Erlösen als 1999. Ursachen dafür sind gestiegene Personalkosten, Preissteigerung bei Papier (bis zu 60%) und die teilweise immer noch geringere Produktivität. Als Gründe für diese Lücke nennt er einen ganzen Strauß von Faktoren - auch die eigenen unternehmerischen Unzulänglichkeiten führt er an.
Der Umsatz pro Beschäftigten bei Betrieben über 20 Arbeitnehmer beträgt in Westdeutschland etwa 250 TDM, in Ostdeutschland 188 TDM. In seinen Schlussfolgerungen formuliert Nolle unter anderem: »Wenn statt 5 % der Drucksachen 20 % und zu 15 %-ig höheren Westpreisen im Osten produziert werden, dann kommt mit Sicherheit aus unseren Unternehmen mehr heraus als eine schwarze Null nach drei Schichten rund um die Uhr. Diese Vision habe ich, und das schaffen wir, bei allem notwendigen Klartext, den wir reden müssen. Und denken Sie daran, neue Herausforderungen werden nicht von Hasenfüßen gewonnen, denn wer immer nur tut, was er kann, wird immer bleiben was er ist.«
Mitgliedsunternehmen diskutierten lebhaft
Zu dem Thema »Bits und Bytes - wie haben sie unsere Unternehmen verändert?« diskutierten fünf Unternehmer unter Leitung von Fachredakteur Dr. Branser (Deutscher Drucker). Damit hatte die Geschäftsleitung einen neuen Weg gewählt und genau den Kern der Probleme der Entwicklung in den meisten Mitgliedsunternehmen getroffen. Eine so offene und lebhafte Diskussion mit so vielen konkreten Informationen für die Möglichkeiten und Probleme im Umgang mit digitalen Daten gab es auf einem solchen Forum bisher noch nicht.
Ober die »Kreditversicherung als Instrument zur Ertragssicherung« referierte der Prokurist von Gerling, Köln, Heinz Pütz Er machte deutlich, dass ein qualifiziertes Forderungsmanagement Verluste reduzieren kann, ein erhebliches Restrisiko bleibt dennoch bestehen.
Zur Problematik der »Umsatzsteuer in der Druckindustrie« machte Dieter Ullmann, Abteilungsleiter Bundesverband Druck und Medien (bvdm), aktuelle Ausführungen. Verwiesen werden kann hier auf die überarbeitete Broschüre mit dem gleichnamigen Titel, die bei den Landesverbänden und dem bvdm bezogen werden kann. Der Justitiar des Gastgeberverbandes, Marko Haase, trug vor, welche Aspekte im neuen »Druck- und Medienvertrag« zu beachten sind.
Dass bei vielen Unternehmen in den nächsten Jahren ein Generationswechsel ansteht, ist oft sichtbar, wird aber im Osten immer noch nicht genügend langfristig und gründlich vorbereitet. Damit beschäftigte sich der Unternehmensberater Friedemann Dietz, Leipzig. Bedeutsam ist, dass eine Unternehmensübernahme durch den Nachfolger auch eine Existenzgründung ist, bei der Erhaltenswertes zu bewahren ist.
(br)