Karl Nolle, MdL

Lausitzer Rundschau, 01.09.2001

"Die Partei muss sich in Zukunft mehr anstrengen"

RUNDSCHAU-Gespräch mit Georg Milbradt, Kandidat für den CDU-Vorsitz
 
DRESDEN. Sachsens Ex-Finanzminister Georg Milbradt hat angemahnt, bei der Wahl eines neuen CDU-Landesvorsitzenden im September das Meinungsbild der Regionalkonferenzen zu berücksichtigen. Milbradt, der für den Landesvorsitz kandiert, hatte bei einer Regionalkonferenz vergangene Woche in Bautzen einen deutlich besseren Eindruck hinterlassen als Mitbewerber Umweltminister Steffen Flath. Heute findet in Leipzig die letzte der drei Regionalkonferenzen statt.

Welche Erkenntnisse haben Sie aus den bisherigen Regionalkonferenzen gewonnen?

Die Regionalkonferenzen sind ein Gewinn für die Partei. Das Interesse ist groß, die Mitglieder wollen in wichtige Entscheidungen einbezogen werden. Die Partei sollte in Zukunft mehr auf die Parteimitglieder, aber auch auf die Wähler zugehen.

Und welche Schlüsse haben sie bezüglich ihrer Kandidatur für den CDU-Landesvorsitz gezogen?

Es hat sich bestätigt, dass weite Kreise der sächsischen CDU meine Kandidatur begrüßen. Ich kann über fehlende Resonanz nicht klagen.

In Regionalkonferenzen werden aber keine Entscheidungen getroffen.

Das nicht, aber der Parteitag wäre gut beraten, wenn er das Meinungsbild, das die Regionalkonferenzen vermitteln, nicht ignorieren würde. So etwas ließe sich den Parteimitgliedern nicht vermitteln.

Was soll sich unter Ihrer Führung in Sachsens CDU ändern?

Die Partei muss sich weiterentwickeln, sie braucht eine neue Strategie. Die Auswirkungen moderner Technologien, von Globalisierung und EU-Osterweiterung sowie der demographischen Veränderungen bekommen beim Bürger ein immer stärkeres Gewicht, Fragen der Vergangenheit hingegen, des Übergangs aus der DDR, nehmen in der Bedeutung ab. Die Nachwendezeit ist vorbei. Nur Identität und Kontinuität zu predigen, ein "Weiter so", wird zu wenig sein, um künftig Wahlen gewinnen zu können. Die Partei wird sich in Zukunft mehr anstrengen müssen.

Glauben Sie, dass die Partei bereit ist, sich dieser Mühe auch engagiert zu unterziehen?

Das ist ihr nicht zu ersparen. Ihre bisherigen Erfolge verdankt die Partei vor allem der Person Kurt Biedenkopfs. Das hat manche Schwäche überdeckt. Jetzt erwartet der Bürger Antworten auf neue Fragen. Wenn die CDU diese Antworten nicht geben kann, wird der Wähler bei den anderen Parteien danach suchen.

Die CDU/CSU will ihren Kanzlerkandidaten im nächsten Frühjahr küren. Wie ist die Meinung des potentiellen sächsischen Landesvorsitzenden Milbradt? Sollte an dem Termin festgehalten werden?

Nein, ich denke die CDU/CSU sollte die Entscheidung so schnell wie möglich treffen. Die CDU hat im Dezember in Dresden einen Bundesparteitag, kurz danach sollte das Verfahren beendet werden, schon um Unruhe in der Partei zu vermeiden.

Ihr Verhältnis zu Ministerpräsident Kurt Biedenkopf gilt als gestört. Was wird, wenn sich der Ministerpräsident der Zusammenarbeit mit einem CDU-Landesvorsitzenden Milbradt verweigert?

Das kann ich mir nicht vorstellen. In der Politik muss man sich gegenseitig respektieren und auch Mehrheitsentscheidungen, die man persönlich für falsch halten mag, akzeptieren. Kurt Biedenkopf ist lange genug in der Politik, er weiß das. Ich gehe davon aus, dass er damit umgehen kann, zumal die Aufgaben des Parteivorsitzenden und des Ministerpräsidenten sehr unterschiedlich sind. Ich meinerseits werde die Politik Biedenkopfs, die ich für richtig halte, auch weiterhin voll unterstützen.

Mit GEORG MILBRADT sprach Ralf Hübner